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Abi mündlich: Faust, "Marthens Garten"

Aufgabe für eine mündliche Abiturprüfung: Auszug aus "Marthens Garten"

Wir präsentieren hier ein Beispiel, wie man aus einer ursprünglich mehrstündigen Klausur zu einer kompletten Szene aus Goethes Faust eine Aufgabe für die mündliche Abiturprüfung machen kann.
Da die Schüler da nur 30 Minuten Vorbereitungszeit haben, muss zum einen der Text entsprechend gekürzt werden - zum anderen muss auch die zweite Aufgabe in so kurzer Zeit zu bewältigen sein.

Weiter unten können Text und Aufgabenstellung sowie der Erwartungshorizont als pdf-Dateien heruntergeladen werden.
Aufgabe für den 1. Prüfungsteil einer möglichen mündlichen Prüfung im Fach Deutsch
(Goethe, Faust, Szene: Marthens Garten)

Aufgabenstellung:
1.    Analysieren Sie den gegebenen Textauszug, indem Sie
a.    ihn kurz in den Handlungsablauf einordnen
b.    aus dem Gespräch zwischen Gretchen und Faust zusammenfassend herausarbeiten, wie Mephisto jeweils eingeschätzt wird.
c.    und dann klären, wie sich Mephisto und Faust anschließend zu der Begegnung äußern.
2.    Nehmen Sie kurz Stellung zu der These, dass das einfache Mädchen Gretchen sich hier im Hinblick auf Faust als zumindest gleichwertige Partnerin zeigt.

Margarete: Es tut mir lange schon weh,
3470: Dass ich dich in der Gesellschaft seh.

Faust: Wieso?

Margarete: Der Mensch, den du da bei dir hast,
Ist mir in tiefer innrer Seele verhasst;
Es hat mir in meinem Leben
So nichts einen Stich ins Herz gegeben
3475: Als des Menschen widrig Gesicht.

Faust:
Liebe Puppe, fürcht ihn nicht!

Margarete: Seine Gegenwart bewegt mir das Blut.
Ich bin sonst allen Menschen gut;
Aber wie ich mich sehne, dich zu schauen,
3480: Hab ich vor dem Menschen ein heimlich Grauen,
Und halt ihn für einen Schelm dazu!
Gott verzeih mir's, wenn ich ihm unrecht tu!

Faust: Es muss auch solche Käuze geben.
Margarete: Wollte nicht mit seinesgleichen leben!
3485: Kommt er einmal zur Tür herein,
Sieht er immer so spöttisch drein
Und halb ergrimmt;
Man sieht, dass er an nichts keinen Anteil nimmt;
Es steht ihm an der Stirn geschrieben,
3490: Dass er nicht mag eine Seele lieben.
Mir wird's so wohl in deinem Arm,
So frei, so hingegeben warm,
Und seine Gegenwart schnürt mir das Innre zu.

Faust: Du ahnungsvoller Engel du!

3495: Margarete: Das übermannt mich so sehr,
Daß, wo er nur mag zu uns treten,
Mein ich sogar, ich liebte dich nicht mehr.
Auch, wenn er da ist, könnt ich nimmer beten,
Und das frisst mir ins Herz hinein;
3500: Dir, Heinrich, muss es auch so sein.

Faust: Du hast nun die Antipathie!

Margarete: Ich muss nun fort.
(Vor ihrem Abgang bekommt sie noch das Fläschchen für die Mutter.)
 (...)
Mephistopheles tritt auf. Mephistopheles: Der Grasaff! ist er weg?

Faust: Hast wieder spioniert?

Mephistopheles: Ich hab's ausführlich wohl vernommen,
Herr Doktor wurden da katechisiert;
Hoff, es soll Ihnen wohl bekommen.
3525 Die Mädels sind doch sehr interessiert,
Ob einer fromm und schlicht nach altem Brauch.
Sie denken: duckt er da, folgt er uns eben auch.

Faust: Du Ungeheuer siehst nicht ein,
Wie diese treue liebe Seele
3530: Von ihrem Glauben voll,
Der ganz allein
Ihr seligmachend ist, sich heilig quäle,
Dass sie den liebsten Mann verloren halten soll.

Mephistopheles: Du übersinnlicher sinnlicher Freier,
3535: Ein Mägdelein nasführet dich.

Faust: Du Spottgeburt von Dreck und Feuer!

Mephistopheles: Und die Physiognomie versteht sie meisterlich:
In meiner Gegenwart wird's ihr, sie weiß nicht wie,
Mein Mäskchen da weissagt verborgnen Sinn;
3540: Sie fühlt, dass ich ganz sicher ein Genie,
Vielleicht wohl gar der Teufel bin.
Nun, heute nacht –?

Faust: Was geht dich's an?

Mephistopheles: Hab ich doch meine Freude dran!

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Erwartungshorizont

Aufgabe 1
formuliert eine aufgabenbezogene Einleitung unter Berücksichtigung von
Titel, Textsorte, Autor, Thema des Dramas und ggf. literaturgeschichtlicher Einordnung.
nennt das Kernthema des Szenenausschnitts („Die Einschätzung Mephistos und dessen Selbst-Präsentation)
Ordnet den Szenenausschnitt kurz in den Handlungsablauf ein
-    Pakt zwischen Mephisto und Faust
-    Dessen Verwandlung in der Hexenküche
-    Gretchen als Objekt der neuen Begierde
-    Herstellung eines Kontaktes über die Nachbarin und mit Hilfe von Geschenken
-    Annäherung zwischen Faust und Gretchen, die zunächst unter dem Gelehrten zu stehen scheint
-    Bereitschaft Fausts, für die Liebesbeziehung alles zu riskieren, auch den Seelenfrieden Gretchens
-    Gretchens Frage nach der Religion (dann: vorliegender Szenenausschnitt)
-    Danach Schuldgefühle Gretchens
-    Tod des Bruders
-    Entführung Fausts in die Walpurgisnacht
-    Letzte Begegnung zwischen Faust und Gretchen im Kerker, Ankündigung ihrer Rettung, während Faust flieht
Arbeitet aus dem Szenenausschnitt heraus, wie Gretchen und Faust Mephisto einschätzen
-    Tiefe Abneigung Gretchens gegenüber Mephisto („verhasst“)
-    Fausts oberflächlicher Beruhigungsversuch
-    Gretchens Charakterisierung von Mephistos Nihilismus im totalen Gegensatz zu Faust
-    Fausts Zugeständnis: „ahnungsvoller Engel“
-    Gretchens Hinweis auf die Gefährdung ihrer Liebe durch Mephisto
-    Fausts erneute Abwiegelung: „Du hast nun die Antipathie“
Klärt, wie sich Mephisto und Faust anschließend zu der Begegnung äußern
-    Mephisto präsentiert sich genauso zynisch, wie Gretchen ihn empfindet
-    Er unterstellt Gretchen niedere Motive (will angeblich Faust beherrschen)
-    Faust sieht Gretchen positiv, vor allem ihre Sorge um sein Seelenheil
-    Mephisto bleibt bei seinem Vorwurf, das sei nur ein Trick, Faust werde betrogen
-    Daraufhin rastet Faust regelrecht aus (vgl. 3536)
-    Mephisto macht sich über Gretchens Teufels-Ahnung lustig und erkennt nicht die Selbstironisierung
-    Faust versucht am Ende Mephisto aus seiner Beziehung rauszuhalten
-    Mephisto kontert das, indem er erklärt, er haben seine Freude an dem unterschwelligen Konflikt

Aufgabe 2:
Nimmst Stellung zu der These, dass das einfache Mädchen Gretchen sich hier im Hinblick auf Faust als zumindest gleichwertige Partnerin zeigt
-    Gretchen spricht offen über ihre Gefühle und Sorgen, während Faust nur an einer Stelle widerwillig deren Wahrheit anerkennt
-    Gretchen durchschaut Mephisto, soweit sie das ohne Kenntnis der Hintergründe nur kann
-    Sie erkennt auch die Gefährdung ihrer Liebe durch Mephisto
-    Und stellt eine entsprechende Forderung an Faust
-    Insgesamt präsentiert sich Gretchen bei weitem nicht als das Mädchen aus dem einfachen Volk (Szene Garten), sie zeigt sich hier nicht nur auf Augenhöhe mit Faust, sondern ist ihm sogar überlegen, er kann in keiner Weise mithalten, sondern weicht nur aus.


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