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Georg Heym, "Die Nacht" (2 Varianten)


Georg Heym, "Die Nacht" ("Flammen"-Variante)

Georg Heym

Die Nacht
  • Relativ allgemeine Übersicht, aber mit bestimmtem Artikel.
  • Also: eine bestimmte Nacht
  • Oder aber Nacht allgemein.

Alle Flammen starben in Nacht auf den Stufen.
Alle Kränze verwehten. Und unten im Blute verloren
Seufzte das Grauen. Wie hinter Gestorbener Toren
Manchmal es fern noch hallt von dunkelen Rufen.
  • Die Situation ist unklar. Man weiß nur, es geht um "Stufen".
  • "Kränze" deutet auf Friedhof hin.
  • Das würde zu dem "Blute" und dem "Grauen" passen.
  • Als Deutungshypothese bildet sich heraus, dass es sich um Kriegsopfer handelt, weil das ein typisches Thema des Expressionismus ist.
  • Der Rest der Strophe beschäftigt sich mit atmosphärischen Aspekten, bei denen empfundene Rufe eine Rolle spielen.

Eine Fackel noch oben bog aus den Gängen,
Lief im Chor. Und versank wie das Haar der Dämonen
Rot und rauchend. Doch draußen der Waldung Kronen
Wuchsen im Sturm und zerrten sich in die Länge.
  • Die zweite Strophe beschäftigt sich mit einem Licht,
  • das "im Chor" läuft. Das könnte ein Rückbezug auf die Stimmen sein.
  • Der Vergleich mit den Dämonen bringt nicht viel, wenn man die mögliche Anspielung nicht kennt.
  • Deutlich ist der Gegensatz zwischen dem "versank" im inneren Bereich und dem "Wuchsen" und "zerrten" in einem "draußen"-Bereich.

Und in Wolken hoch kamen mit wilden Gesängen
Weiß die Greise der Stürme, und riesige Vögel scheuchten
Über den Himmel hinab, wie Schiffe mit feuchten
Segeln, die schwer auf den Wogen hängen.
  • Es folgt die Vorstellung dass die Stürme draußen mit "wilden Gesängen" kommen und zwar als Greise, was immer das bedeuten mag. Es könnte sein, dass es eben Stürme sind, die schon viel Ähnliches gesehen haben.
  • Das wird verbunden mit der Vorstellung, dass "riesige Vögel" aufgeregt herumflattern.
  • Dies wiederum wird in Beziehung gesetzt zu einem Schiff, das auf Grund der Wetterbedingungen kaum vorwärts kommt.

Aber die Blitze zerrissen mit wilden und roten
Augen die Nacht, die Öde der Säle zu hellen,
Und in den Spiegeln standen mit Köpfen, den grellen,
Drohend herauf mit schwarzen Händen die Toten.
  • Es folgt ein Gewitter, dessen Funktion es sein soll, die "Öde der Säle zu hellen", also Licht in diese dunkle Szenerie zu bringen.
  • Die letzten beiden Zeilen machen verstärken dann den Eindruck, dass es hier um eine Friedhofssituation geht.

Bleibe bei mir. Dass unsere Herzen nicht stocken
Wenn die Türen sich auftun ins Finstere leise
Und in der Stille es steht. – Und sein Atem von Eise
Unsere Adern verdorrt und die Seelen macht trocken
  • Es folgt die Anrede an jemanden, der beim lyrischen Ich bleiben soll,
  • weil es hoffentlich Hilfe sucht
  • in einer Situation, in der "Türen sich auftun ins Finstere".
  • Unklar ist, was mit "es" gemeint ist.
  • auf jedenfalls steht es für etwas Unheimliches, das den Menschen und das Leben bedroht.

Dass sie dünn wie ein Hauch aus der Tiefe sich lösen,
Flattern hinaus in die Nacht und sinken und fallen
Dürr wie die Blätter, die traurig am Boden wallen
Schlürfend ins Leere dahin, im Winde dem bösen.
  • Die letzte komplette Strophe beschreibt dann genauer, was mit den Seelen passiert.
  • Sie verlieren ihre Basis und werden zu einem Spiel der Natur,
  • das auf jeden Fall "traurig" endet - mit dem Ziel der "Leere".
  • Die Naturgewalt des Windes wird hier dem "bösen" zugeordnet.

Wenn der Donner Gelächter im Dunkel verhallen.
  • Am Ende wird das Motiv des Gewitters noch mal aufgenommen
  • und mit "Gelächter" verbunden,
  • das zwar "verhallen" wird,
  • aber eben doch dem Menschen eine bedrohte, dem Untergang geweihte Position zuordnet.

Aussagen des Gedichtes - Intentionalität und Bedeutung

  1. Das Gedicht ist nur in einem einzigen Punkt klar, nämlich, dass es sich um eine bestimmte Nacht handelt.
  2. Dazu kommt eine Situation, in der die "Stufen" einer Treppe eine Rolle spielt.
  3. Auch kommt etwas Friedhofsszenerie mit ins Spiel.
  4. Ansonsten werden typische Motive des Expressionismus aneinandergereiht,
  5. die man am besten versteht, wenn man davon ausgeht, dass Dichter im Expressionismus von inneren Gefühlen ausgehen und nach äußeren Elementen suchen, die sie zu passenden Bildern verarbeiten.
  6. Ausgangspunkte sind hier ein Gewitter mit Donner und Blitzen, entsprechende Lichteffekte und Geräusche.
  7. Die werden dann verarbeitet zu Todesvorstellungen, singenden Stürmen, Spiegeln, in denen Tote zu sehen sind.
  8. Eine Veränderung ergibt sich in Strophe 5, wo plötzlich jemand angesprochen wird und es dann um ein gemeinsames Schicksal geht.
  9. Es bleibt unklar, ob man einem Schicksal, das irgendein "es" über das lyrische Ich und seinen Partner bringt, entgehen kann oder es höchstens gemeinsam durchleiden kann.
  10. Insgesamt ein Gedicht, das zu hermetisch ist, um damit viel anfangen zu können. In einer Klausur ist es höchstens geeignet, um typische Motive und Kennzeichen des Expressionismus herauszuarbeiten.

Georg Heym, "Die Nacht" ("Sterne"-Variante)

Georg Heym

 

Die Nacht

 

Auf Schlangenhälsen die feurigen Sterne

hängen herunter auf schwankende Türme,

die Dächer gegeißelt. Und Feuer springet,

wie ein Gespenst durch die Gasse der Stürme.

  • Gleich zu Beginn hat man die Verbindung von realer Umwelt ("Türme", "Dächer")
  • und erdachter Umwelt ("Schlangenhälse", "Feuer", "Gasse der Stürme").
  • Insgesamt auch hier das typische Expressionismus-Phänomen: Das Innere drängt in Bildern nach außen, nimmt sich dort etwas Reales und verwandelt es in eine andere Sicht- und Ausdrucksweise.

 

Fenster schlagen mit Macht. Und die Mauern, die alten,

reißen die Tore auf in zahnlosem Munde.

Aber die Brücken fallen über dem Schlunde

und der Tod stehet draußen, der Alte.

  • Hier kommt die konkrete Umwelt stärker zum Tragen,
  • wird aber verbunden mit Bildern von Alter und Vergänglichkeit.
  • Wie häufig im Expressionismus stehen am Ende Bilder von Tod und Vernichtung.

 

Aber die Menschen rennen, ohne zu wissen

blind und schreiend, mit Schwertern und Lanzen.

Unten hallet es dumpf, und die Glocken tanzen,

schlagend laut auf, von den Winden gerissen.

 

Die Plätze sind rot und tot. Und riesige Monde

steigen über die Dächer mit steifen Beinen

den fiebernden Schläfern tief in die Kammer zu scheinen,

und die Stirne wird fahl wie frierendes Leinen.

  • Jetzt wird das Ergebnis des Untergangs präsentiert.
  • Was bleibt, sind "riesige Monde", die den "fiebernden Schläfern" Angst einjagen.


Weiterführende Hinweise

  • Ein alphabetisches Gesamtregister aller Infos und Materialien gibt es hier
    https://schnell-durchblicken3.de/index.php/uebersichten/alphabetische-uebersicht-ueber-die-infos-und-materialien
  • Eine Liste unserer Videos bei Youtube findet sich hier:
    https://schnell-durchblicken3.de/index.php/uebersichten/101-uebersicht-ueber-lernvideos

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