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Denotation-Konnotation

Denotation – Konnotation – oder ein Grund für viele Missverständnisse

Ein zentrales Problem aller Begriffe ist, dass sie zunächst einmal einen mehr oder weniger festen Kern haben, der für alle Sprecher gilt. Dieser wird aber ergänzt durch individuelle Ausprägungen, Färbun-gen bzw. Schattierungen, die sich im Laufe eines Lebens ergeben.
Machen wir uns das einmal am Beispiel „Freiheit“ deutlich.

Die Kernbedeutung, die sogenannte „Denotation“ wird immer am besten deutlich, wenn man „defi-niert“ – und das heißt, die Grenzen eines Begriffs bestimmt. Dabei hilft, auch mögliche Gegenbegriffe ins Auge zu fassen.

Freiheit bedeutet also ganz allgemein (und damit auch für jeden verbindlich) die Möglichkeit, sein Denken und Handeln selbst zu gestalten. Kein Mensch käme auf den Gedanken, einen Strafgefangenen in seiner Zelle als frei zu bezeichnen. So etwas gibt es nur in Diktaturen, wo früher mal etwas als „Volksdemokratie“ bezeichnet wurde, was weder vom Volk her kam noch das Volk regieren ließ.
Jenseits dieser absoluten Grenze gibt es aber sehr individuelle Vorstellungen von Freiheit. Das merken spätestens dann Menschen, wenn sie sich enger aneinander binden. Dann gibt es nämlich den einen, der alles mit dem Partner zusammen machen möchte und darin seine größte Freiheit sieht. Ein anderer möchte zwar den Kern seines Lebens mit dem Partner verbringen, braucht daneben aber noch viel Freiheit für seine Hobbys und/oder seine Freunde.

Bei anderen kann das so weit gehen, dass sie sich erst richtig frei fühlen, wenn sie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten vorstoßen, Fallschirmsport betreiben oder sogar ohne Sicherungsseil hohe Berge besteigen bzw. mit einem Wingsuit-Flügel-Anzug gefährliche Flugmanöver durchführen können.

In der Schule ist die Unterscheidung zwischen der festen Kernbedeutung von Begriffen und den mit-schwingenden individuellen Ausprägungen wichtig, weil sich damit viele Schein-Konflikte auflösen lassen. Häufig gibt es überhaupt keinen Sachkonflikt, sondern nur einen Sichtweisenkonflikt.
Man denke etwa an einen Wandertag: Es geht dabei nicht darum, ob Schwimmen besser ist als der Be-such einer Bowling-Bahn – es geht nur darum, wie man selbst zu den beiden Möglichkeiten steht.

Bei Interpretationen ist es wichtig, zunächst einmal von der Kernbedeutung von Wörtern auszuge-hen. Je weniger Festlegungen aber ein Text liefert – und das gilt besonders für Gedichte – desto mehr darf man mit Ansätzen kommen wie: „Das Wort könnte man so verstehen, dass ...“ Hier geht man von seinen eigenen Erfahrungen aus, berücksichtigt aber, dass man selbst nicht entscheidend ist für ein Sachurteil mit großer Reichweite. Wissenschaft lebt eben von Hypothesen, also Verständnissonden, die man losschickt, um dann zu schauen, was sie an Reaktionen zurückbringen.

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