Zwei Varianten von IdealismusBeim Idealismus muss man zunächst einmal den Alltagsbegriff vom philosophischen Begriff unterscheiden, wenn beide auch zumindest teilweise zusammengehören.
Der Alltagsbegriff - der aus Grund von Idealen gute MenschDer Alltagsbegriff bezieht sich auf das Verhalten von Menschen, zum Beispiel wenn ein Nachbar darum bittet, doch das Auto ein wenig umzusetzen, dann machen das manche Menschen nicht (“Sitze gerade so schön vor dem Fernseher!”) Andere aber haben das Ideal, sie wollen andere Menschen nicht unnötig leiden sehen, also stehen sie auf, nehmen den Autoschlüssel, stellen das Auto um und haben eine gute Tat getan.
Der philosophische Begriff: Gibt es mehr als nur die materielle Wirklichkeit?Der philosophische Begriff bezieht sich auf die Frage, was Wirklichkeit ist. Im Unterschied zum Materialisten glauben sie, dass es neben der Materie noch eine Welt der Ideen gibt, an die man mehr oder weniger gut herankommt und aus der man Ideale als Handlungsanweisungen ableiten kann.
Zwischenschritt: Was sind “Ideen” überhaupt? Ordnungsversuche im Hinblick auf die WirklichkeitIdeen sind einfach geistige Konstrukte: Jeder Mensch hat zum Beispiel eine Vorstellung von Liebe. Der eine möchte in ihr besonders viel Bindung, der andere mehr Freiheit. Das sind gewissermaßen “materielle Ideen”, weil sie sich direkt aus der Materie, der greifbaren Wirklichkeit ableiten lassen. Der eine hält es so, der andere anders - entsprechend seiner inneren Struktur, seiner Entwicklung usw.
Beispiel für ‘“Ideen” in der Literatur - die GrundgattungenIn der Literatur sind die Grundgattungen von Drama, Gedicht und Erzählung solche Ideen, die aus der Wirklichkeit abgeleitet sind. Man nutzt die Ideen, um die Wirklichkeit zu ordnen.
Das Ideal als Fixierung einer Idee als Norm (Vorgabe, zu erreichendes Ziel)Mehr als eine Idee ist aber das Ideal, dass ein (dann: klassisches) Drama 5 Akte haben sollte mit einem entsprechenden Aufbau, vielleicht auch noch den drei Einheiten usw. Das wird einfach von Menschen gesetzt.
Die Legitimation von Idealen durch Metaphysik (eine Wirklichkeit über der physikalisch-materiellen)Idealisten wie die Klassiker Schiller oder Goethe würden nicht sagen, wir möchten das so. Sondern sie würden darauf verweisen, dass eine höhere Wirklichkeit die Menschen dazu bringt, solch ein Drama für das beste zu halten. Später werden dann Leute wie Büchner sagen: Wir glauben, dass es ein Ideal ist, reale Menschen in ihren Nöten zu zeigen.
Beispiele für “idealistische” Systeme, die aus Ideen Vorgaben/Normen/Ziele machenTypische Formen von Idealismus sind Religionen oder auch grundsätzliche politische Überzeugungen.
Auch im politischen Bereich gibt es das:
Aus aktuellem Anlass zeigen wir das im Folgenden am Beispiel der Grünen, weil dort möglicherweise die größten Veränderungskonzepte im Sinne eines selbstgewählten Idealismus zu finden sind:
Wenn wir das richtig sehen und lesen, halten die Grünen die traditionelle heterosexuelle Ordnung mit dem Ideal der Familie für eine Diskriminierung aller anderen sexuellen Orientierungen und auch menschlicher Gemeinschaften und setzen dem ein Ideal der Vielfalt entgegen, das dann dazu führt, dass eben auch die früher mal als “normal” angesehenden heterosexuell orientierten Menschen über alle anderen Varianten aufgeklärt werden, damit sie sich ihnen gegenüber tolerant verhalten bzw. das eigene Selbstverständnis erweitert wird.
Zumindest gibt es in Baden-Württemberg genau über diesen Punkt Auseinandersetzungen. Die Kritik wird zum Beispiel hier formuliert.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article133520438/Lehrer-warnen-vor-Pornografisierung-der-Schule.html
Die Gegenseite kommt hier stärker zu Wort:
http://www.sueddeutsche.de/bildung/schule-baden-wuerttemberg-schueler-sollen-verschiedenheit-akzeptieren-lernen-1.2929977