In dem E-Book:
gibt es die folgende Vorab-Fassung der Kurzgeschichte, in der die Situationen noch nicht erzählt, sondern eher berichtend vorgestellt werden.
Es lohnt sich auf jeden Fall, die beiden Fassungen zu vergleichen.
11. Beispiel: Sprachlicher Wettkampf Schüler-Lehrer
Ausgangssituation:
Es geht um eine 9. Klasse. Der Deutschlehrer, Herr Gutdrauf, ist verhindert. Also wird die Stunde von einem Vertretungslehrer durchgeführt, der die Klasse nicht näher kennt. Es geht um das Thema „Rhetorik“. Der Lehrer hat diesen Begriff an die Tafel geschrieben. Weil nie-mand in der Klasse weiß, was das ist, schauen alle auf Jan, der wegen seiner Geschicklich-keit im Umgang mit Wörtern und Situationen „King of Smalltalk“ genannt wird. Aber auch der Vertretungslehrer (ab jetzt VL) interessiert sich für ihn:
1. VL: Sag mal, du da mit der Brille und dem weißen T-Shirt...
2. Jan: Ich heiße Jan, wenn Ihnen das hilft.
3. VL: Das ist ja wohl superdreist. Erst mit dem Handy rumspielen und dann noch freche Ant-worten geben.
4. Jan: Wieso ist das frech, wenn ich Ihnen ein bisschen auf die Sprünge helfe?
5. VL: Wird ja immer besser - du willst also andeuten, dass ich zu dumm wäre, um hier den Unterricht zu machen?
6. Jan: Da fehlt mir die Fachkompetenz, um das zu entscheiden. Was ich aber gut weiß, ist, dass ich Jan heiße.
7. VL: Also ich warne dich, keine weiteren dummen Sprüche mehr. Also, was hast du da eben unter der Bank gemacht?
8. Jan: Machen Sie sich keine Sorgen, hier läuft keine Untergrundarbeit. Oder vielleicht doch?
9. VL: Wird ja immer besser.
10. Jan: Das sagten Sie schon ... Freut mich übrigens, dass Ihnen meine Beiträge gefallen.
11. VL: Du bist ja wirklich ein ganz außergewöhnlicher Spaßvogel ...
12. Jan: Sagt Herr Gutdrauf auch - nur wies er uns dabei drauf hin, dass "witzig" was mit geistreich zu tun hat.
13. VL: Na, der Herr Gutdrauf scheint euch ja wirklich was beizubringen. Aber zurück zu dei-nem Bombenbau unter dem Tisch.
14. Jan: Sehr witzig - ist übrigens ironisch gemeint, damit es keine weiteren Missverständnis-se gibt. Ich sprach übrigens von "Untergrundarbeit" und - tja, das war mein einziger Fehler: Ich hätte "Unterbankarbeit" sagen müssen.
15. VL: Du willst doch nicht etwa allen Ernstes behaupten, dass du unter der Bank gearbeitet hast?
16. Jan: Na ja, unter der Bank nicht direkt - das wäre für meinen Rücken nicht so gut, aber gearbeitet wurde tatsächlich unter der Bank - allerdings von meinem Handy.
17. VL: Du gibst also zu, dass du im Unterricht mit deinem Handy zugange warst - du wirst es dir also wohl beim Direktor abholen müssen.
18. Jan: Wäre nicht so gut, denn dann könnte ich es nicht mehr benutzen.
19. VL: Nicht schon wieder solche Dreistigkeiten, du weißt genau, was ich meine. Du sollst durch dein Handy nicht abgelenkt werden.
20. Jan: Das Einzige, was mich vom Unterricht ablenkt, sind Sie.
21. VL. Ich fasse es nicht - also gut: Eine letzte Chance: Was hast du da unter der Bank ge-macht - oder gut - was hat dein Handy unter der Bank gemacht?
22. Jan: Ich habe mal eben geschaut, was es mit dieser verdammten Rhetorik auf sich hat, die es gewagt hat, sich mir bisher in meinem Leben noch nicht vorzustellen.
23. VL: Was hast du gemacht? Wer hat sich nicht vorgestellt?
24. Jan: Ganz ruhig - wir klären das schon. Das Geheimnis heißt "Google" und da gibt man so ein Wort wie Rhetorik ein, wenn man es noch nicht kennt - und dann ist man schlauer, übri-gens ganz ohne Lehrer.
25. VL: Na schön, und was ist dabei herausgekommen?
26. Jan: Ich lese Ihnen mal vor, was ich in einem Online-Magazin gefunden habe: Schule heute: „Vorn hat ein Lehrer hektische Flecken und erzählt monoton was, hinten werden alle immer schläfriger - muss Unterricht so trostlos sein? usw.“
27. VL: So was steht im Internet? Na ja, grundsätzlich ist das ja richtig - langweilig soll es nun wirklich nicht im Unterricht sein.
28. Jan: Sehen Sie - und ich und mein Handy haben sehr dazu beigetragen ;-)