Günter Kunert, “Stiefel”: Satirische Kurzgeschichte über einen Mann, der genagelte Stiefel trägt und von ihnen dazu gebracht wird, ständig zu marschieren. Dabei tritt er anderen nicht nur auf die Füße, sondern verletzt oder tötet sie sogar. Als er schließlich zur Verantwortung gezogen wird, behauptet er, an den Untaten seien nur die Stiefel schuld. Schließlich lässt man ihn laufen, als er darauf hinweist, dringend die Fußbekleidung zu brauchen und sie ab jetzt auch zu kontrollieren. Bald entdeckt man aber wieder ein zertretenes Kind und fragt sich, wie es umgekommen sein könnte. Dabei taucht die Überlegung auf, es könnte ein weiterer Mann sein Unwesen treiben, der seinen Stiefeln hilflos ausgeliefert ist.
Die naheliegende Frage, ob der erste Mann sein Versprechen nicht halten konnte, stellt man nicht.
Ganz offensichtlich bezieht sich die Geschichte auf alle gewalttätigen Aktionen, bei denen Menschen umkommen - wohl vor allem im Krieg. Interessant ist der Hinweis am Anfang, der sich mit einer “sagendunklen Historie von den roten Schuhen” beschäftigt”, ‘”die ihre Trägerin zu unaufhörlichem Tanz zwangen”. Das kann eine Anspielung auf eine rote Revolution im Sinne von Karl Marx sein, der ja die Verhältnisse “zum Tanzen” bringen wollte.
Letztlich wird kritisiert, dass man solche Menschen einfach mit dem Hinweis davon kommen lässt, sie seien nicht schuld und andere hätten so etwas auch schon gemacht, so dass sie ihr Unwesen weiter treiben können.