Wie entsteht eigentlich Kunst oder auch Literatur?
Wie entsteht eigentlich Kunst oder auch Literatur?
Warum diese Frage besonders für den Deutschunterricht so wichtig ist ...
Im Deutschunterricht wird sehr viel über Analyse und Interpretation gesprochen. Was zum Teil zu kurz kommt, ist die Frage, wie es eigentlich zu einem Kunstwerk oder zu einem Stück Literatur kommt.
Denn erst wenn Schüler sich mit dieser Frage auseinandergesetzt haben, kommen sie möglicherweise zu einer zweiten: "Warum mache ich nicht auch so etwas?"
Wir sammeln deshalb auf dieser Seite Infos und Überlegungen, die helfen, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen - und dann vielleicht sogar selbst produktiv zu werden.
Ausgangspunkt: Die Entstehung von Kunstwerken (Gemälden)
haben wir ein berühmtes Gemälde des amerikanischen Malers Edward Hopper unter dem Aspekt der Kommunikation beschrieben und ausgewertet.
Das Bild ist aber noch in einer anderen Hinsicht interessant - und zwar dann, wenn man die Anmerkungen dazu auf der folgenden Seite mit einbezieht:
https://www.edwardhopper.net/room-in-new-york.jsp
Dort gibt es nämlich interessante Infos zur Frage, wie dieses und andere Bilder entstanden sind.
Im wesentlichen läuft es auf die folgenden Punkte hinaus:
Kunst wird hier verstanden als eine Verdichtung vieler Szenen und Eindrücke.
Deshalb ist der Künstler auch ratlos, wenn er nach Fakten über eines seiner Bilder gefragt wird oder erklären soll, wie es entstanden ist.
Kunstwerke sind Ergebnis eines sehr komplizierten mentalen Prozesses.
Dabei spielen auf der einen Seite Erinnerung, auf der anderen Seite aber auch Inspiration ab. Entscheidend ist immer, dass vorhandene Eindrücke aus dem Gedächtnis oder aus der Wirklichkeit auf eine neue Art und Weise verbunden werden - mit einer mehr oder weniger bewussten Zielrichtung (Intention).
In diesem Falle erklärt Hopper, die Idee für das Bild sei schon lange in seinem Kopf gewesen, bevor er es gemalt habe. Es sei vor allem durch Blicke auf beleuchtete Innenräume hervorgerufen worden, wenn er selbst nachts durch die Straßen der Stadt ging.
Wichtig ist die Aussage, dass es sich nicht um ein bestimmtes Haus handele, sondern eher um eine Synthese vieler Eindrücke.
Übertragung auf den Bereich der Literatur
Im Unterschied zur bildenden Kunst ist Literatur textorientiert, d.h. sie richtet sich in viel höherem Maße zumindest an gedachte Leser.
Das bedeutet auch, dass es eher ganz bestimmte Gründe gibt, um eine Geschichte zu schreiben oder ein Theaterstück auf die Bühne bringen zu lassen.
Wie sicher auch bei Bildern (man denke an ihre Bedeutung in der Psychotherapie) geht es auch bei Literatur häufig um die Verarbeitung von Erlebnissen oder Gefühlen ganz allgemein. Aber auch hier ist Literatur mehr oder weniger "intentional", zielorientiert. Sie wirkt direkter auf den Leser, der ja in gewisser Weise in einen zumindest halben Dialog mit dem Erzähler und manchmal indirekt auch mit dem Autor tritt.
Ansonsten gilt auch für Literatur, dass sie zwar eine neue Welt schafft, aber aus Bausteinen der äußeren oder auch inneren Realität des Autors.
Spannend ist die Frage - und sie wird sicher auch von Autoren unterschiedlich beantwortet -, inwieweit ein Werk beim Schreiben noch ein Eigenleben entwickelt, d.h. sich anders gestaltet, als es ursprünglich geplant war.
Nehmen wir die Novelle "Michael Kohlhaas" von Heinrich von Kleist:
Im ersten Teil ist sie ganz linear aufgebaut im Sinne einer fortlaufenden Eskalation: Da gibt es einen Pferdehändler, der willkürlich an einer Burg festgehalten wird. Er selbst darf dann gehen, aber die Pferde bleiben mit einem Knecht bei der Burg und werden dann so schlecht behandelt, dass sie am Ende nur noch wie Gerippe aussehen.
Kohlhaas versucht an sein Recht zu kommen, als das misslingt, beginnt er einen Feldzug und versucht, mit Gewalt zum Ziel zu kommen.
Schließlich wird er gefangengenommen - und jetzt verändert sich die Geschichte und man hat den Eindruck, dass das sich bei Kleist erst beim Schreiben ergeben hat. Plötzlich greifen geheimnisvolle Mächte ein und am Ende wird Kohlhaas zwar wegen seiner Taten hingerichtet, bekommt aber sein Recht und für seine Kinder wird gesorgt
Modernes Beispiel: Entstehung einer Kurzgeschichte
Was bedeutet das nun für das eigene Schreiben?
Nehmen wir mal die Kurzgeschichte von Hajo Frerich, "Gekonnt ist gekonnt". https://www.schnell-durchblicken2.de/kg-frerich-gekonnt
Wir haben den Verfasser fragen können und dabei hat sich Folgendes ergeben:
Ausgangspunkt war bei ihm als Deutschlehrer die Unzufriedenheit damit, dass viele Schüler im Deutschunterricht eher lustlos herumsaßen.
Deshalb wollte er ihnen klarmachen, dass sie dort wirklich wichtige Dinge für ihr Leben lernen können - besonders im Bereich der Kommunikation, der Argumentation und der Rhetorik.
Dann hat er sich Situationen überlegt, in denen auch schon Schüler mit Sprache erfolgreich sein können.
Als erstes fiel ihm die Bitte ein, bei Regen vom Vater mit dem Auto zur Schule gebracht zu werden.
Als nächstes ging es dann um die "Abwehr" eines Protokoll"angebots" durch den Deutschlehrer.
Schließlich kam dann die Idee, auch andere Schüler einzubeziehen, die das Angebot, Kreide zu holen, für ganz eigene Zwecke nutzen.
Interessant noch bei dem Ganzen, dass diese Abläufe zunächst als einfacher fiktiver Bericht geplant war.
Später kam die Idee auf, das zu einer Kurzgeschichte umzugestalten und da wurde es dann für den Verfasser besonders spannend: Im Bericht hatte er noch problemlos von der Keide-Hol-Situation im Klassenraum zur anschließenden Situation auf dem Flur übergehen können. Aus der Erzähler-Sicht des Schülers war das aber nicht möglich, also musste er sich was einfallen lassen. Was draus geworden ist, kann man in der Geschichte nachlesen.
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