Vergleich von zwei Liebesgedichten: Goethe, "Der Abschied" und Kaléko, "Das Ende vom Lied"
Im Folgenden geht es nicht um eine komplette Interpretation, sondern einen knappen Vergleich, der sich auf das Wesentliche konzentriert.
Goethes Gedicht aus der Zeit des Sturm und Drang beginnt mit dem Bekenntnis des Lyrischen Ichs, wie schwer ihm der Abschied von der Geliebten fällt. Im wesentlichen geht es darum, dass er seine Gefühle jetzt gar nicht mehr in Worten ausdrücken kann. Ein bisschen Abgrenzung ist auch vorhanden, wenn er die Liebessituation mit anderen vergleicht, in denen er durchaus "ein Mann" ist.
Sehr gute Beobachtungen enthält die zweite Strophe, die zeigt, dass in der Abschiedssituation zwar die körperlichen Rituale der Gemeinsamkeit noch funktionieren, aber nicht mehr das Leben wie sonst haben.
Die dritte Strophe wird dann von der Erinnerung an bessere Zeiten bestimmt, an einen Kuss oder auch ein Blumengeschenk.
Die letzte Strophe wirft dann Fragen auf, denn sie enthält Formulierungen, die auf Endgültigkeit hinauslaufen, verstärkt durch den Hinweis auf den "Herbst" der Liebesgefühle.
Insgesamt ein Gedicht, dass wenig Rücksicht nimmt auf das Gegenüber, eine sehr einseitige, ich-bezogene Liebesauffassung präsentiert.
Wer etwas vom jungen Goethe kennt, vor allem die zwei Versionen von "Willkommen und Abschied", der merkt, dass dieses Gedicht ganz auf der Linie der leichten Liebeleien liegt, die in Goethe viele Schreibgefühle weckten, aber wenig Bereitschaft, Verantwortung für eine gemeinsame Zukunft zu übernehmen.
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Vergleichen wir nun diese Haltung mit der in dem Gedicht von Mascha Kalèko: Das beginnt weniger mit der Beschreibung eines Abschieds als mit der einer Veränderung der Gefühle, wie sie viele Liebende kennen. Der Sturm der ersten Gefühle ist zu einem lauen Lüftchen geworden, man ist sich eben nicht mehr "herrlich fremd". Allein schon diese Formulierung zeigt eine tiefe Kenntnis der Phase der Verliebtheit.
Die zweite Strophe macht dann deutlich, dass es dem Gegenüber genauso geht - also nicht der meist einseitige Abschied bei Goethe, der zum Teil regelrechten Fluchtcharakter hatte, sondern ein gemeinsames Auseinanderleben.
Die dritte Strophe ist dann eine intensivierte Wiederaufnahme der Gefühlsprobleme des Lyrischen Ichs.
Die vierte Strophe dann zieht ein Fazit und versucht, das Ganze mit Humor zu nehmen, ergänzt um die Frage, wie es dazu kommen konnte: Wer von beiden hat sich geändert? Dann der Verzicht auf jede Schuldzuweisung und eine wunderbar gelungene Beantwortung der Frage, "was ein paar Jahre machen".
Die letzte Strophe zieht dann einen Schlussstrich auch unter die Möglichkeit, sich zumindest an schöne Gemeinsamkeit zu erinnern - auch dafür ist es jetzt zu spät - und alles gipfelt in dem "unbarmherzig" sich präsentierenden und auswirkenden Wort "Gewesen".
Insgesamt ein Gedicht, das viel stärker beide Seiten in die Verantwortung nimmt für den Verlust der Liebe - oder besser noch: diese Verantwortung der natürlichen Entwicklung im zeitlichen Verlauf des Lebens zuschreibt. Insgesamt sehr viel mehr Ernsthaftigkeit und Trauer, während man bei Goethe den Eindruck hat, er will es schnell hinter sich bringen und zurückbleibt ein Partner, der unter dem Verlust sehr viel mehr leidet.
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