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Lehrertipps-zu-Klausuren

Besprechung einer Klausur - statt leidiger Pflicht Einstieg in echten Optimierungsprozess

Die Besprechung von Klausuren ist häufig stressig für alle Beteiligten und vor allem unergiebig. Das muss nicht sein: Wir zeigen, wie man das zum gezielten Aufbau von Kompetenzen nutzen kann. Nach jeder Klausur werden Schwerpunkt-Tipps festgehalten, die vor der nächsten dazu passenden Klausur genutzt werden können.

Wir präsentieren hier zunächst eine Textfassung, weiter unten gibt es eine entsprechende druckfertig formatierte PDF-Datei.

Ganz neu ist ein Vorschlag, wie man Noten im 15-Punkte-System bei Klausuren leicht umrechnen kann in Teilaufgaben-Punkte: Hier.
Beispiel für die dauerhafte Hinweise zur Auswertung einer Klausur
(Basis war ein Text, in dem Goethes Faust auf eine „Unglücksfigur“ für andere reduziert wurde, deren „Rastlosigkeit“ ein früher Vorverweis auf unseren heutigen Umgang mit der Wirklichkeit darstellt –vor allem im Kommunikations- und Medienbereich.)

1. Kein Fortschritt ohne rückblickenden Lernprozess
Damit der gute Umgang mit Klausuraufgaben erhalten und verstärkt wird und noch vorhandene Probleme dauerhaft abgebaut werden, ist es sinnvoll, die entsprechenden Erfahrungen und Ratschläge festzuhalten. So können sie sich bei weiteren Klausuren positiv auswirken. Deshalb wird dieses Blatt (und seine Nachfolger) rechtzeitig vor der nächsten Herausforderung noch einmal durchgegangen. Dann können gezielt die dann interessanten Punkte wiederholt und vertieft werden.

2. Zeitplanung – oder: Wie „verschenkte“ 5 Minuten die Note deutlich besser machen können
Bis zur nächsten Klausur sollte geübt werden, zu Beginn der Arbeit einen Zeitplan zu erstellen. Das kostet fünf Minuten, sorgt aber in den meisten Fällen für mehr Punkte und damit auch eine bessere Note, weil man am Schluss nicht in Hektik kommt.
Beim ersten Mal wird die Zeitplanung zu Beginn der Stunde von der Kurslehrerin an der Tafel für alle sichtbar erstellt - im “Vom-Ende-her-planen-Verfahren”.

3. Am Anfang Lösungskonzept ansprechen oder präsentieren
Die Faustklausur war und ist ein Musterbeispiel für eine Aufgabenstellung, die eigentlich schon das Lösungskonzept bereitstellt.
1.    Aufgabenbezogene Einleitung zu dem Jaeger-Text
2.    Gedankengang Jaegers vorstellen
mit Bezug zum Wandel der Faust-Rezeption (im Auge behalten!)
- Methode: Autortätigkeiten deutlich machen
- Zitate und Textverweise
3.    Erörtern, “Unglücksfigur” oder “Mensch in seinem dunklen Drange”
- Hinweis zum Verständnis von “Unglücksfigur” aufnehmen (“Opfer”, “Kosten”)
- Hinweise zum Prolog im Himmel aufnehmen: Mephisto = Geselle, hat Funktion
- Hinweis zu den unterschiedlichen Vorstellungen von Faust und Mephisto aufnehmen (Tipp: Mephistos “wirklicher” Plan entspricht nicht den Zielen Fausts!)
Für später: Wenn man das Standardkonzept verwendet, wie man es im Unterricht gelernt hat, nur kurz erwähnen. Abweichungen davon vorstellen und begründen.

4. Gedankengang eines argumentativen Sachtextes präsentieren
1.    Am besten erst mal grob gliedern  - mit Zeilenangaben (Einleitung, alte Vorstellung, neue Vorstellung, Fausts Rastlosigkeit, unsere Rastlosigkeit heute)
2.    Dann die einzelnen gedanklichen Schritte vorstellen: dabei nur Schlüsselwörter zitieren (mit Zeilenangabe), ansonsten in eigenen Worten, um Verständnis zu zeigen.
Was man nicht versteht (Goethes Philosophie), entsprechend ansprechen.
3.    Für später: In der Regel wird ein Gedankengang linear vorgestellt wie hier; wenn ein Text eher chaotisch ist, kann man auch statt des Gedankengangs das Gedankensystem vorstellen. Auf jeden Fall hat erst mal das lineare Ordnungssystem des Autors Vorrang, weil er damit ja auch einen Zweck verfolgt.

5. Tipps zur Vermeidung reiner Wiedergabe (Paraphrase)?
1.    Möglichst Formulierungen vermeiden wie: „Am Anfang sagt der Autor, dass ...“ Was dann kommt, steht ja schon im Text, Erkenntnisfortschritt ist gleich Null.
Das ist wie bei einem Reiseführer vor einem Denkmal. Da reicht es auch nicht zu sagen: „Hier sehen Sie einen Mann mit einem Schwert und einem Kranz auf dem Kopf, der düster in die Ferne blickt.“ Stattdessen sagt er: „Bei dieser Figur fällt sofort auf, dass drei Elemente eine entscheidende Rolle spielen ... und eine ganz bestimmte Aussage hervorrufen.“
2.    „Therapieangebote“:
1.    Einfachste Medizin: „Hinweis auf Autoraktivität“, möglichst ergänzt durch Aufnahme der Funktion des Abschnittes für den Gedankengang: „Ausgangspunkt“; „These“, „Beispiel“, Auseinandersetzung mit einem Einwand“, Exkurs usw.
2.    Zählen: „Der Autor nennt vier Merkmale, die beim alten Faust-Verständnis besonders positiv gewertet wurden.“
3.    Innere Zusammenhänge eines Textabschnitts offenlegen: „Bereits bei der Aufzählung der positiv verstandenen Kennzeichen wird ein Kritikpunkt aufgeführt, der aus Sicht des Autors zu wenig gewürdigt wurde, nämlich die Opfer und die Kosten des Verhaltens Fausts.“
usw.

6. Umgang mit Originalauszügen aus dem Text (Zitate und Verweise)
•     Zitiert werden sollte nur, was im Originalwortlaut eine besondere Bedeutung hat (“veritable Unglücksfigur”): Das muss dann aber auch ausgewertet werden - hier die Frage: Unglück für wen?
•    Auf keinen Fall darf man wie bei der alten Faust-Auffassung einfach Zitate aus dem Text aneinanderreihen - das ist keine Analyse, es fehlt die Erläuterung, Auswertung.
•    Wenn man Abschnitte in eigenen Worten zusammenfasst, fügt man am Ende einen Zeilenhinweis hinzu (vgl. x-y)

7. Zwischenabschnitte als Ausdruck der Struktur der Lösung
•     Die Klausuren sind diesmal noch “ganz normal” geschrieben worden, was auf gut deutsch heißt: Das waren Texte, die kein Schüler gerne liest, weil man erst mal mühsam herausfinden muss, worum es in den einzelnen Abschnitten, die sehr lang sein können, überhaupt geht.
•    Deshalb sollten wir in Zukunft Klausuren immer in klare Abschnitte einteilen - mit freien Zeilen zwischendurch - und zusätzlich mit einer gliedernden Zwischenüberschrift in eckigen Klammern.
•    Das hat den Vorteil, dass man - wie bei diesem Text - selbst gut den Überblick behält. Für den Lehrer bedeutet das, dass er nicht jede Klausur erst mal auf ihren eigenen Gedankengang hin “analysieren” muss - das kostet unnötig Zeit, schafft schlechte Laune - und das will niemand haben.
•    Diese neue Technik üben wir bis zur ersten Klausur im neuen Schuljahr natürlich ein.

8. Verbindungen zwischen Abschnitten herstellen
•    Was ganz gut geklappt hat: Viele haben schon Überleitungen verwendet - nach dem Motto: Nachdem Jaeger sich bisher mit dem Drama beschäftigt hat, geht er jetzt über zu unserer heutigen Wirklichkeit.
•    Das sollte man ausbauen: Zum Beispiel sollte man die Passage mit der “Unglücksfigur” verbinden mit dem anschließend “Verbot des Verweilens” - denn beides hängt zusammen. Weil Faust nicht “verweilen” darf, springt er von einem Abenteuer zum nächsten und lässt dabei Opfer zurück.

9. Sprache, Rhetorik
•    Grundsätzlich sind Hinweise zur Sprache eines Textes im Deutschunterricht von besonderer Bedeutung.
•    Dabei sollten nie Mittel aufgezählt werden ohne Überlegungen zu ihrer Funktion und Wirkung.
•    Auf gar keinen Fall sollte man bei einem argumentativen Text den Gedankengang durch Hinweise auf sprachliche Elemente unterbrechen. Das macht nur Sinn, wenn der Inhalt ganz eng verknüpft ist mit der Sprache, zum Beispiel polemische Passagen. Die kann man gar nicht analysieren, ohne sie einfach als Polemik abzutun.
•    Bei einem argumentierenden Sachtext sollte man sich darauf konzentrieren, ob der Autor sprach-rhetorische Tricks verwendet (das können auch Auslassungen sein, ansonsten Elemente von Aufwertung und Abwertung, Differenziertheit, Anschaulichkeit, Überzeugungsgrad der Argumentation usw.) – mit Blick auf die Intention des Autors/des Textes (bei Sachtexten möglichst identisch!)

10. Gesprächsangebot
•    Auch Lehrer sind nicht unfehlbar. Deshalb gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, nachzufragen. Dabei kann es durchaus auch zu Korrekturen von Punkteständen kommen – etwa, wenn etwas übersehen wurde.
•    Wichtig ist: Dem Lehrer schriftlich zu erklären, wo man Fragen hat oder Probleme sieht. Dann kann er sich damit (zu Hause) in Ruhe auseinandersetzen – und dann kann man darüber sprechen.

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