Günter Kunert, "Nebel" - ein Gedicht, das biografisch eine besondere Bedeutung bekommt
Das Gedicht können wir aus urheberrechtlichen Gründen hier nicht abdrucken, es ist aber leicht im Internet zu finden.
Der Titel nennt eine Situation mit eingeschränkter Sicht.
Die ersten beiden Zeilen beziehen sich dann auf den Ort, an dem das lyrische Ich lebt. Wenn man die Biografie des Verfassers ausnahmsweise mal einbezieht, ist das eine Gegend in Norddeutschland.
Wichtig sind dann die 3. und 4. Verszeile: "Wenn es den Nebel nicht mehr gäbe / es wäre gänzlich von Geheimnis bar": Das hat schon fast einen - für diesen Schriftsteller ungewöhnlichen - romantischen Anklang.
Wichtig ist dann der "karge Kreis", in dem sich das lyrische Ich bewegt und der erstaunlicherweise "geweitet nur durch Fehlen jeder Sicht" ist. Das kann sich nur auf die Fantasie beziehen.
Die Schlusszeilen machen daraus eine Lebensweisheit, dass diese besondere Blindheit durch Neben die "Begrenztheit" der Lebenssituation weniger bedrückend erscheinen lässt.
Man kann das gut auf Kunerts Leben in der DDR beziehen, die für ihn wie viele andere Intellektuelle durchaus ein Ort der positiven Alternative zum als kapitalistisch empfundenen Westen war.
Die Realität war dafür aber mit anderen Verengungen verbunden
und am Ende blieb diesem Schriftsteller nur noch die Fantasie, die viele andere zumindest kurzzeitig befreit, die sich - ganz gleich wo - in ähnlichen Bedrückungen eingeschränkt sehen.
Insgesamt also ein wunderbares Plädoyer für Kunst, Literatur als Rückzugsorte der Freiheit, die innerlich dann große Weite gewinnen können.
Vielleicht sogar eine Weite, die die gar nicht mehr spüren, die nicht im Nebel leben, dafür aber auch zu sehr auf die Realität fixiert sind.