Kunst entsteht im Kopf des Betrachters.
Der Künstler liefert dafür nur die Voraussetzung.
© Peter von Krusenstern
(*1954), Kunstmaler, Maler, Autor
Das schöne Zitat findet man zum Beispiel auf der Seite:
https://www.aphorismen.de/zitat/164939
und kann sich dann anregen lassen zu dem folgenden Ansatz, den wir einem Oberstufenkurs Deutsch unterbreitet haben:
-----------------------------------------------
Dann nehmen wir das mal beim Wort und sagen:
Danke, Judith!
Und machen uns die Kurzgeschichte
einfach mal „rund“
Kurzer Hinweis: Weiter unten geht es zu einem Video, in dem wir das Projekt und die Möglichkeiten des Weiterschreibens der Erzählung vorstellen.
In den meisten Menschen steckt viel mehr Poesie, als sie denken. Nur gibt es leider in der Schule und auch später im Leben wenig Gelegenheit, sie mal rauszulassen.
Heute wollen wir mal versuchen, die Geschichte „Sommerhaus, später“ einfach ein bisschen weiterzudenken. Vielleicht bekommt sie bei dem einen oder anderen dann sogar richtige Flügel ...
Deshalb die Bitte:
- Setzt euch mit einem Partner / einer Partnerin eurer Wahl zusammen und überlegt, wie die Geschichte weitergehen könnte. Hier ein paar Erzählansätze – vielleicht findet ihr auch noch ganz andere. Wichtig ist, dass in der Zwischenzeit etwas passiert sein müsste, was die Ich-Erzählerin zumindest ein bisschen dazu bringt, von der „Später-Haltung“ abzurücken. Zum Beispiel könnte beim Drogengenuss etwas schief gegangen sein. Oder ihnen ist das Geld ausgegangen oder ... oder ... oder ...
- "Es war ein paar Wochen später. Ich wollte mir aus der Schreibtischschulbade nur einen Stift holen. Da sah ich diese ganz Sammlung von Karten und den Brief. Alles kam wieder hoch, wo Toddi zum zweiten Mal verunglückt war – nur diesmal reichte es nicht, ihn aus dem Eiswasser zu ziehen. Alles hing jetzt von der zweiten Operation ab, nachdem er im Drogenrausch vor das einzige Auto im Ort gelaufen war. Ich nahm diesen Brief noch mal in die Hand – und da fiel mir auf, dass der Adress-Aufkleber sich etwas gelöst hatte und darunter noch was stand. Ich zog ihn weiter ab – und dann sah ich es: Eine Adresse in Stralsund. Vielleicht hatte Stein ja doch Recht gehabt, dass man mehr aus seinem Leben machen konnte als sich die Birne vollzuhauen mit Drogen und vor Autos zu laufen ..."
- "Es war ein paar Wochen später – wir hatten uns tatsächlich auf einem Flohmarkt einen Anrufbeantworter gekauft – denn hin und wieder brauchte man doch einen Festnetzanschluss – manchmal war halt der Akku des Handys leer oder es lag noch irgendwo rum und man hörte es nicht. Und tatsächlich – schon am Tag drauf wurde ein Anruf angezeigt – aber ohne Sprachnachricht. Ich sah es als erstes und glücklicherweise war ich allein im Haus – denn wenn einer aus der Clique mitbekommen hätte, dass ich mit Stein telefonierte – er war es tatsächlich ... Ihnen reichte es nämlich nicht, dass er verschwunden war. Seit der Meldung mit dem Haus waren sie immer wieder darauf zurückgekommen. Anna sprach sogar von einem Psychopathen und was alles auch hätte bei uns geschehen können. Nun also war er dran, sagte nur einfach „Hier Stein“ – ich sagte erst mal nichts – aber dann hatte ich keinen Bock mehr auf so ein Telefonat wie damals vor der Fahrt zum Haus. „Wo steckst du? Was machst du?“ Auch Stein war gesprächiger geworden: (usw.)
- "Es war ein paar Wochen später – es war warm geworden und wir zogen wieder durchs Umland. Einmal mussten wir wegen einer Baustelle eine Umleitung nehmen und waren plötzlich in Canitz – und da war noch diese Brandruine. „Lass mal gucken“, meinte Henriette, als würde sie den Typen da zwischen den Mauern finden. Ich ging widerwillig mit. Es war nicht mehr viel da – bis ich den Mauerrest sah mit der Inschrift „Geh zu ihr und lass deinen Drachen steigen.“ Ich sagte nichts und wir fuhren bald weiter – aber ich bekam die Sache mit dem Drachen nicht mehr aus dem Kopf. Dieses immer gleiche Leben mit der Clique war wirklich nichts anderes als „Bodenhaftung“ – das Wort hatte Heinze bei einer seiner Lesungen in einer Geschichte mal ganz anders verstanden, nämlich als „Haftung“ – man sei gefangen am Boden wie Hühner in Bodenhaltung. Wollte ich ewig ein Huhn bleiben – eine scheußliche Vorstellung. Wo mochte Stein sein. Am Tag drauf fuhr ich mit dem Bus nach Stralsund – angeblich ein Arzttermin, in Wirklichkeit würde ich alle Taxistände abklappern, um ihn zu fragen, ob das Geld nicht zumindest für eine Sommerhauswohnung reichte – auf jeden Fall irgendwo im Grünen."
- Es war ein paar Wochen später, als ich Stein plötzlich begegnete ...
- Dies ist für Leute, die sich nicht gerne von anderen auf die Schiene heben lassen, sondern lieber selbst denken.
- Als erstes wäre zu überlegen, wo bzw. bei welcher Gelegenheit die beiden sich treffen.
- Dann geht es um einen kleinen Rückblick auf die Veränderungen, die sich bei der Ich-Erzählerin ergeben haben müssen, damit sich nicht die "Versäumnisse" aus der Erzählung wiederholen.
- Es wäre auch gut, wenn sich bei Stein ebenfalls was geändert hätte.
- Viel Erfolg!
- "Ein paar Wochen später besuchte mich meine alte Schulfreundin Carina. Wir hatten uns zufällig bei einem Theaterbesuch in Berlin kennengelernt und jetzt wollte sie einfach mal die anderen Mitglieder meiner Clique kennenlernen. Da die gerade noch unterwegs waren, zeigte ich ihr einiges schon mal auf Fotos der letzten Zeit. Plötzlich zuckte ich zusammen, weil ich ein Foto in der Hand hatte, das Stein und mich vor dem Sommerhaus zeigte. Carina fragte interessiert: "Ist was?" und dann fing ich an zu erzählen. Als ich fertig war, guckte sie mich an und sagte nur: "Der Typ war aber wirklich hinter dir her - und den lässt du gehen?" Als die Clique nach zwei Stunden zurückkam, waren wir immer noch am Reden und blieben es auch - bis nur noch die Frage offen war, wie ich jetzt vielleicht Stein einem Test unterziehen konnte, nachdem ich seinen nicht bestanden hatte. Mir fiel ein, dass Stein mir bei unserer Rundfahrt durch Berlin den Platz gezeigt hatte, an dem er am liebsten mit seinem Taxi stand. Die Hoffnung war nicht groß - und es würde zeitaufwändig werden. Aber Carina war bereit, mich für ein paar Tage in ihrer Wohnung in Berlin aufzunehmen - in dem Café neben dem Taxistand würde ich dann wohl allein warten können und - müssen.
- Schreibt die Geschichte dann einfach weiter – am besten fangt ihr einfach an und lasst euch dann vom Wind der Poesie treiben ... Viel Erfolg!