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Eichendorff, "Klage"

Eichendorff, Klage


Im Folgenden stellen wir ein Gedicht von Eichendorff vor, das scharfe Kritik an seiner Gegenwart übt.

Joseph von Eichendorff

Klage

O könnt ich mich niederlegen
Weit in den tiefsten Wald,
Zu Häupten den guten Degen,
Der noch von den Vätern alt,

Und dürft von allem nichts spüren
In dieser dummen Zeit,
Was sie da unten hantieren,
Von Gott verlassen, zerstreut;

Von fürstlichen Taten und Werken,
Von alter Ehre und Pracht,
Und was die Seele mag stärken,
Verträumend die lange Nacht!

Denn eine Zeit wird kommen,
Da macht der Herr ein End,
Da wird den Falschen genommen
Ihr unechtes Regiment.

Denn wie die Erze vom Hammer,
So wird das lockre Geschlecht
Gehaun sein von Not und Jammer
Zu festem Eisen recht.

Da wird Aurora tagen
Hoch über den Wald hinauf,
Da gibts was zu singen und schlagen,
Da wacht, ihr Getreuen, auf.
 
Anmerkungen zum Gedicht



Das Gedicht beginnt mit einer Art Ausruf des Lyrischen Ichs, das offensichtlich ermüdet ist und sich im "tiefsten Wald", also an einem einsamen Ort, hinlegen möchte - und zwar bewaffnet und jederzeit zu Widerstand bereit, indem es "den guten Degen" griffbereit hält, der "noch von den Vätern alt" her kommt, also mit Tradition und Geschichte verbunden ist.

Die zweite Strophe macht dann deutlich, dass es sich nicht um eine normaler Müdigkeit handelt, sondern von Stress und Ärger, der von "dieser dummen Zeit" ausgeht. Deutlich wird auch, dass es dafür Verantwortliche gibt, die "von Gott verlassen" und "zerstreut" sind, also nicht konzentriert, nicht auf gute Ziele aus.

Die dritte Strophe macht den Eindruck, dass das Lyrische Ich die "fürstlichen Taten" früherer Zeit vermisst, auch "Ehre und Pracht", auf jeden Fall etwas, "was die Seele mag stärken". Offensichtlich geht so etwas zur Zeit nur im Traum.

Ab der vierten Strophe geht es dann um die Zukunft. Offensichtlich erwartet das Lyrische Ich eine Art Eingreifen Gottes, der "den Falschen" "ihr unrechtes Regiment", also ihre Macht wegnimmt. Das klingt natürlich nach Revolution, allerdings wird sie Gott überlassen und kommt nicht von unten.

Die vorletzte Strophe ergeht sich dann etwas in Gewaltfantasien, in denen das "lockre Geschlecht", das passt zu "zerstreut" weiter oben, also wohl die, die ihrer Verantwortung nicht nachkommen, "zu festem Eisen" gehaun wird, also gewissermaßen vom Schmied bearbeitet, so dass es etwas taugt.

Die Schlussstrophe kündigt dann die Morgenröte eines neuen Tages an Dann gibt es was zu "singen" - wohl im Sinne von "jubeln", aber auch "schlagen", was möglicherweise auf Kampf hindeutet, immerhin hat das Lyrische Ich ein Schwert dabei.
Der Schluss macht deutlich, dass das Lyrische Ich nicht allein ist, sondern dass es eben noch mehr von den "Getreuen" gibt, also denen, die immer noch wie früher bei der Sache sind und für das Gute kämpfen.


Insgesamt ein Gedicht, das scharfe Kritik an der Gegenwart und vor allem den politischen Führern übt. Wichtig ist, dass man guter Hoffnung ist, dass eine höhere Gewalt eingreifen und einen Wandel der Dinge mit sich bringen wird.

Das Gedicht ist 1809 entstanden und könnte sich auf die Kriege gegen Napoleon beziehen.

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