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Lessing, "Nathan der Weise": Der 3. Akt - Überblick mit Schlüsselzitaten

Zunächst ein Gesamtüberblick, der weiter unten im Hinblick auf die einzelnen Szenen noch näher ausgeführt wird.
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Die Vorstellung des 3. Aktes von “Nathan der Weise”

haben wir aus technischen Gründen verlegt nach:

Text-Erläuterung des 3. Aktes

Hörbuch-Vorstellung des 3. Aktes

Dort gibt es auch Ergänzungen u.ä.
Also bitte ggf. diesen Link nutzen und ggf. abspeichern.
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Die Vorstellung der Szenen 1-3 aus dem 3. Akt von “Nathan der Weise”

haben wir aus technischen Gründen verlegt nach:

Text-Erläuterung der Szenen

Hörbuch-Vorstellung der Szenen

Dort gibt es auch Ergänzungen u.ä.
Also bitte ggf. diesen Link nutzen und ggf. abspeichern.
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Hier unten finden sich nur noch Teile der früheren Darstellung.

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III,5: Saladin arbeitet sich langsam zum Religions-Test vor

Anregung: Vergleich der Ringparabel mit dem Gleichnis vom verlorenen Sohn:

  1. Die meisten Leute kennen das Gleichnis vom verlorenen Sohn, in dem ein junger Mann sich sein Erbe auszahlen lässt, dann den väterlichen Hof verlässt, durch die Gegend düst und dabei ziemlich alles mitnimmt, was ist an Erfahrungen gibt, dafür aber auch alles da lässt, was er an Vermögen hatte.
  2. Schließlich landet am Ende sogar in einer Art Schweinestall und muss das essen, was auch die Schweine fressen.
  3. Das bringt die Wende: Er überlegt, doch zu seinem Vater zurück zu kehren und bei ihm sich alles einfacher Tagelöhner zu bewerben.
  4. Ganz anders als erwartet, empfängt ihn sein Vater aber sehr freundlich und lässt ihn voll in seine Rechte wieder ein, was den älteren Bruder sehr empört, der die ganze Zeit zu Hause mit gearbeitet hat.
  5. Das ist dann genau der Vergleichs zu Lessings Ring Parabel, denn dort bekommt der jeweils vernünftigste und angepassteste und strebsamste und dem Vater wohlgefälligste Sohn den Ring und damit auch die Führung der Familie in der nächsten Generation.
  6. Die Frage ist nun, wie kann man diese beiden unterschiedlichen Auffassungen, was das Verhältnis von Vater und Sohn angeht, zusammen sehen.
  7. Letztlich wird es wohl darauf hinaus laufen, dass die Ringparabel den Regelfall beschreibt und das Gleichsnis vom verlorenen Sohn die Ausnahmesituation.
  8. Das bedeutet auch gleichzeitig, dass man das keinesfalls für die einzelne Person zur Regel machen kann, dass man sich etwa das Erbe mehrfach auszahlen lässt.
  9. Es geht hier einfach darum, dass jemand einen Fehler gemacht hat, ihn einsieht und ihm vergeben wird, wobei sicherlich ein unaufgelöstes Problem ist, dass ein Vater im Unterschied zu Gott natürlich nicht endlose Möglichkeiten der Großzügigkeit hat.
  10. Zum Beispiel könnte sein Hof in der Zwischenzeit zugrunde gegangen sein.
  11. Interessant wäre auch eine Übertragung auf eine Familie, bei der der Vater nach der Geburt eines Kindes verschwindet, die ganze Erziehungsarbeit der Frau und Mutter überlässt und nach einiger Zeit zurückkommt und sagt: Sorry, war nicht ganz in Ordnung, was ich gemacht habe. Kann ich meine Sachen wieder rein bringen?
  12. Die sich daraus ergeben der Gesprächssituation dürfte sehr interessant sollen.

III,6: Nathan wundert sich: Wahrheit statt Geld? - Und er findet eine Lösung

  1. Nathan allein.
    Hm! hm! – wunderlich! – Wie ist
    Mir denn? – Was will der Sultan? was? – Ich bin
    Auf Geld gefasst; und er will – Wahrheit. Wahrheit!
    Und will sie so, – so bar, so blank, – als ob
    Die Wahrheit Münze wäre! –
    1. Deutlich wird hier die Verwunderung Nathans nach dem Gespräch mit dem Sultan.
    2. Er fragt sich zwischen den Zeilen, was die Wahrheit von Geld unterscheidet.
    3. Letztlich deutet er an, dass die Wahrheit eben nicht so einfach ist wie eine Münze.
  2. Nathan
    Ich muss
    Behutsam gehn! – Und wie? wie das? – So ganz
    Stockjude sein zu wollen, geht schon nicht. –
    Und ganz und gar nicht Jude, geht noch minder.
    Denn, wenn kein Jude, dürft' er mich nur fragen,
    Warum kein Muselmann? – Das war's! Das kann
    Mich retten! – Nicht die Kinder bloß, speist man
    Mit Märchen ab.
    1. Nathan ist klar, dass er vorsichtig sein muss.
    2. Ganz "Stockjude" zu sein, also voll und ganz als Jude zu sprechen, scheidet aus, weil das wohl den Sultan nicht überzeugt.
    3. Gar nicht Jude zu sein - geht auch nicht, denn dann kann er auch Muslim werden.
    4. Als rettende Idee kommt ihm, die Schwierigkeiten der Unterscheidung der Religionen, aber auch die Gründe für die eigene Festlegung in einem "Märchen", eigentlich einer Parabel zu präsentieren.
      Infos zur Parabel:
      https://www.schnell-durchblicken.de/durchblick-auch-in-deutsch/fragen-und-antworten/parabel/

III,7: Nathan überzeugt den Sultan mit einem "Geschichtchen"

  1. Saladin.
    Nun so rede!
    Es hört uns keine Seele.

    Nathan
    Möcht' auch doch
    Die ganze Welt uns hören.

    Saladin
    So gewiss
    Ist Nathan seiner Sache? Ha! das nenn
    Ich einen Weisen! Nie die Wahrheit zu
    Verhehlen! für sie alles auf das Spiel
    Zu setzen! Leib und Leben! Gut und Blut!
    1.  Saladin weiß, wie heikel das Gespräch über Religionen ist und bietet Vertraulichkeit an.
    2. Nathan aber ist so mutig, volle Öffentlichkeit zu erlauben - er glaubt offensichtlich an die Kraft dessen, was er zu sagen hat.
    3. Saladin ist überrascht und betont noch einmal, welchen Risiken sich jemand in solch einem Falle aussetzt.
    4. Das alles erhöht die Spannung der Zuschauer, welche Lösung Nathan gefunden hat.

  2. Saladin
    Von nun
    An darf ich hoffen, einen meiner Titel,
    Verbesserer der Welt und des Gesetzes,
    Mit Recht zu führen.

    Nathan.       Traun, ein schöner Titel!
    Doch, Sultan, eh' ich mich dir ganz vertraue,
    Erlaubst du wohl, dir ein Geschichtchen zu
    Erzählen?
    1. Der Sultan ist ganz begeistert und sieht jetzt eine Möglichkeit, mit dem, was Nathan als "Weiser" sagen wird, eine noch bessere Politik machen zu können.
    2. Nathan ist aber vorsichtig und kündigt lediglich ein "Geschichtchen" an - also etwas Fiktionales, für das man als Autor nicht gleich einstehen muss.

  3. Nathan:
    Vor grauen Jahren lebt' ein Mann in Osten,
    Der einen Ring von unschätzbarem Wert
    Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein
    Opal, der hundert schöne Farben spielte,
    Und hatte die geheime Kraft, vor Gott
    Und Menschen angenehm zu machen, wer
    In dieser Zuversicht ihn trug.
    1. Kern der Geschichte ist ein besonders wertvoller Ring.
    2. Interessant zunächst, dass er einen Stein enthält, "der hundert schöne Farben spielte", d.h. vielfarbig und damit auch vielgestaltig ist, was später gut zu den verschiedenen Religionen passt.
    3. Dann hat der Ring vor allem eine positive Wirkung - vor Gott und vor den Menschen, also gegenüber einer höheren Macht, aber auch gegenüber den Mitmenschen.
    4. Ganz wichtig am Ende, dass der Ring nur wirkt, wenn man ihn mit "Zuversicht", also im Glauben an seine Wirkung trägt. Auch hier schon eine Andeutung, dass es nicht auf den Ring selbst, sondern auf den Glauben, die innere Einstellung ankommt.

  4. Nathan:
    So kam nun dieser Ring, von Sohn zu Sohn,
    Auf einen Vater endlich von drei Söhnen;
    Die alle drei ihm gleich gehorsam waren,
    Die alle drei er folglich gleich zu lieben
    Sich nicht entbrechen konnte.
    1. Interessant ist hier die Verbindung von Gehorsam und Liebe. Für uns heute sicherlich unvorstellbar, dass Eltern nur ihre Kinder lieben, wenn diese gehorsam sind. Heute wird gerade Wert darauf gelegt, dass die Liebe nicht abhängig ist von dem Verhalten.
      Darüber kann man natürlich diskutieren.

  5. Nathan
    Ich bin zu Ende.
    Denn was noch folgt, versteht sich ja von selbst. –
    Kaum war der Vater tot, so kömmt ein jeder
    Mit seinem Ring, und jeder will der Fürst
    Des Hauses sein. Man untersucht, man zankt,
    Man klagt. Umsonst; der rechte Ring war nicht
    Erweislich; –
    (nach einer Pause, in welcher er des Sultans Antwort erwartet)
          Fast so unerweislich, als
    Uns itzt – der rechte Glaube.
    1. Hier wird deutlich, auf welches Ziel die Geschichte angelegt ist,
    2. nämlich die völlige Gleichheit der Ringe.
    3. Sie können nur unterschieden werden, wenn man etwas über die jeweilige Herkunft weiß,
    4. sie selbst sind aber eben völlig gleich.
    5. Das wird von Nathan dann klug, um nicht zu sagen weise, auf die Religionen übertragen.

  6. Nathan
    Soll
    Mich bloß entschuldigen, wenn ich die Ringe
    Mir nicht getrau zu unterscheiden, die
    Der Vater in der Absicht machen ließ,
    Damit sie nicht zu unterscheiden wären.
    1. Hier zielt Nathan darauf ab, dass der Vater ja gerade beabsichtigt hat, dass die Ringe nicht unterschieden werden können.
    2. Das überträgt er indirekt auch auf Gott
    3. mit den entsprechenden Konsequenzen für die Frage des Sultans.

  7. Saladin.
    Die Ringe! – Spiele nicht mit mir! – Ich dächte,
    Daß die Religionen, die ich dir
    Genannt, doch wohl zu unterscheiden wären.
    Bis auf die Kleidung, bis auf Speis' und Trank!

    Nathan.
    Und nur von seiten ihrer Gründe nicht.
    Denn gründen alle sich nicht auf Geschichte?
    Geschrieben oder überliefert! – Und
    Geschichte muß doch wohl allein auf Treu
    Und Glauben angenommen werden? – Nicht? –
    Nun, wessen Treu und Glauben zieht man denn
    Am wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen?
    Doch deren Blut wir sind? doch deren, die
    Von Kindheit an uns Proben ihrer Liebe
    Gegeben? die uns nie getäuscht, als wo
    Getäuscht zu werden uns heilsamer war? –
    Wie kann ich meinen Vätern weniger
    Als du den deinen glauben? Oder umgekehrt. –
    Kann ich von dir verlangen, daß du deine
    Vorfahren Lügen strafst, um meinen nicht
    Zu widersprechen? Oder umgekehrt.
    Das nämliche gilt von den Christen. Nicht?
    1. Hier geht Nathan auf die Frage ein, warum die Menschen denn dann unterschiedlichen Religionen angehören.
    2. In dem Zusammenhang verweist er auf die Geschichte von Menschen und Gruppen.
    3. Dort spielen "Treu und Glauben" eine entscheidende Rolle,
    4. vor allem das Vertrauen, das man denen entgegenbringt, die einen in die jeweilige Region eingeführt haben.
    5. Letztlich macht Nathan damit deutlich, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen den Menschen in dem Kontext besteht, in den sie hineingeboren wurden - ein bestimmtes Land, eine Kultur, eine besondere Familie.

  8. Nathan über den Richter:
    Doch halt! Ich höre ja, der rechte Ring
    Besitzt die Wunderkraft beliebt zu machen;
    Vor Gott und Menschen angenehm. Das muss
    Entscheiden! Denn die falschen Ringe werden
    Doch das nicht können! – Nun; wen lieben zwei
    Von Euch am meisten? – Macht, sagt an! Ihr schweigt?
    Die Ringe wirken nur zurück? und nicht
    Nach außen? Jeder liebt sich selber nur
    Am meisten? – Oh, so seid ihr alle drei
    Betrogene Betrüger! Eure Ringe
    Sind alle drei nicht echt. Der echte Ring
    Vermutlich ging verloren. Den Verlust
    Zu bergen, zu ersetzen, ließ der Vater
    Die drei für einen machen.
    1. Am Ende lässt Lessing Nathan noch einen besonderen Akzent setzen, in dem er den Richter zum Angriff übergehen lässt.
    2. Er stellt den drei Brüdern nämlich die kritische Frage, wie ist denn mit der Wirkung des Ringes bei ihnen aussieht.
    3. Das Ergebnis ist natürlich negativ, sonst stünden sie so nicht im Streit vor Gericht.
    4. Das bringt den Richter dazu, Ihnen den maximalen Vorwurf zu machen, nämlich dass sie selbst betrogene Betrüger seien. Alle drei Ringe sein offensichtlich nicht echt.
    5. Damit schafft der Richter zugleich die Grundlage für seinen darauf folgenden Ratschlag.
  9. Nathan über den Ratschlag des Richters:
    Wohlan!
    Es eifre jeder seiner unbestochnen
    Von Vorurteilen freien Liebe nach!
    Es strebe von euch jeder um die Wette,
    Die Kraft des Steins in seinem Ring' an Tag
    Zu legen! komme dieser Kraft mit Sanftmut,
    Mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun,
    Mit innigster Ergebenheit in Gott
    Zu Hilf'! Und wenn sich dann der Steine Kräfte
    Bei euern Kindes-Kindeskindern äußern:
    So lad ich über tausend tausend Jahre
    Sie wiederum vor diesen Stuhl. Da wird
    Ein weisrer Mann auf diesem Stuhle sitzen
    Als ich; und sprechen. Geht! – So sagte der
    Bescheidne Richter.
    1. Der Richter nennt hier eine interessante Liste von Kriterien, die erfüllt werden müssen.
    2. Zunächst sollen sie einer "unbestochnen / Von Vorurteilen freien Liebe" nacheifern, also einer Liebe, die den anderen wirklich so nimmt, wie er ist.
    3. Dann sollen sie sich bemühen, "Die Kraft des Steins in seinem Ring' an Tag / Zu legen! " Das heißt, sie sollen sich so verhalten, wie man es dem Ring zutraut.
    4. Konkret genannt werden dann die folgenden Elemente: Sie sollen es tun mit "Sanftmut", mit "herzlicher Verträglichkeit", "mit Wohltun",
      "Mit innigster Ergebenheit in Gott" - damit ergibt sich ein sehr positives Verhaltens- und Interaktionsmuster sowohl in der Horizontalen (gegenüber den Mitmenschen) wie auch in der Vertikalen (gegenüber Gott).
    5. Außerdem wird die endgültige Entscheidung auf die Ewigkeit verschoben, d.h. letztlich Gott überlassen.

  10. Saladin (der auf ihn zustürzt und seine Hand ergreift, die er bis zu Ende nicht wieder fahren läßt).
    Ich Staub? Ich Nichts?
    O Gott!

    Nathan
    Was ist dir, Sultan?

    Saladin.       Nathan, lieber Nathan! –
    Die tausend tausend Jahre deines Richters
    Sind noch nicht um. – Sein Richterstuhl ist nicht
    Der meine. – Geh! – Geh! – Aber sei mein Freund.
    1. Hier wird deutlich, wie sehr der Sultan beeindruckt ist.
    2. Er erkennt, wie viel größer die durch Nathan vermittelte Weisheit Gottes ist und
    3. macht sich davor ganz klein.
    4. Er sieht sich außerstande, ein besseres Urteil zu fällen
    5. und möchte, dass Nathan sein Freund wird.
    6. Dieser nutzt dann die Gelegenheit, auf die Geldfrage zu kommen und dabei auch noch den Tempelherrn ins Spiel zu bringen.

III,8: Monolog des Tempelherrn, in dem er über seine intensiven Gefühle für Recha spricht und sich als neuen Menschen bezeichnet

  1. Tempelherr (geht, mit sich selbst kämpfend, auf und ab; bis er losbricht).
    – Hier hält das Opfertier ermüdet still. –
    Nun gut! Ich mag nicht, mag nicht näher wissen,
    Was in mir vorgeht; mag voraus nicht wittern,
    Was vorgehn wird. – Genug, ich bin umsonst
    Geflohn! umsonst. – Und weiter konnt' ich doch
    Auch nichts, als fliehn! – Nun komm', was kommen soll!
    1. Hier wird deutlich, wie sehr der Tempelherrn unter der aktuellen Situation leidet, weil er noch keine Klarheit hat.
    2. Ziemlich fatalistisch ergibt er sich in diese Situation.

  2.  Ist das nun Liebe:
    So – liebt der Tempelritter freilich, – liebt
    Der Christ das Judenmädchen freilich. – Hm!
    Was tut's? – Ich hab in dem gelobten Lande, –
    Und drum auch mir gelobt auf immerdar! –
    Der Vorurteile mehr schon abgelegt. –
    Was will mein Orden auch? Ich Tempelherr
    Bin tot; war von dem Augenblick ihm tot,
    Der mich zu Saladins Gefangnen machte.
    Der Kopf, den Saladin mir schenkte, wär'
    Mein alter? – Ist ein neuer; der von allem
    Nichts weiß, was jenem eingeplaudert ward,
    Was jenen band. – Und ist ein bessrer; für
    Den väterlichen Himmel mehr gemacht.
    1. Der Tempelherr macht hier ganz klar, dass er Recha liebt.
    2. Dass er damit auch keine Probleme hat, weil er seit der Begnadigung durch Saladin ein neuer Mensch geworden ist,
    3. und zwar ein besserer, der einem "väterlichen Himmel" mehr entspricht. Hier wird eine menschlichere Gottesvorstellung deutlich, als die Kämpfer der Kreuzzüge sie vertreten.

III,9: Lob für Saladin, Gefühlswallung beim Tempelherrn, abwartende Haltung Nathans gegen Entschlossenheit des Tempelherrn

  1. Nathan im Hinblick auf die Beziehung zwischen dem Tempelherrn und Recha
    So seid
    Ihr doch indes schon da gewesen? habt
    Indes sie doch gesprochen? – Nun? – Sagt: wie
    Gefällt Euch Recha?

    Tempelherr.       Über allen Ausdruck!
    Allein, – sie wiedersehn – das werd ich nie!
    Nie! nie! – Ihr müßtet mir zur Stelle denn
    Versprechen: – daß ich sie auf immer, immer –
    Soll können sehn.
    1. Der Tempelherr macht hier deutlich, welchen großen Eindruck Recha auf ihn gemacht hat.
    2. Er stellt aber auch klar, dass er eine Entscheidung will - Recha immer sehen - oder nie wieder. Das nimmt das Ende der Szene bereits vorweg, d.h. beim Tempelherrn ändert sich nichts.

  2. Tempelherr (nach einer kurzen Pause ihm plötzlich um den Hals fallend).
    Mein Vater!

    Nathan.       – Junger Mann!

    Tempelherr (ihn ebenso plötzlich wieder lassend).
                Nicht Sohn? –
    Ich bitt Euch, Nathan! –
    1. Hier wird deutlich, wie wichtig es dem Tempelherrn ist, in die Familie Nathans aufgenommen zu werden.
    2. Deutlich wird aber auch die Distanz Nathans,
    3. was zur Verstimmung führt.

  3. Tempelherr.             Und Sohn?
    Sohn nicht? – Auch dann nicht, dann nicht einmal, wenn
    Erkenntlichkeit zum Herzen Eurer Tochter
    Der Liebe schon den Weg gebahnet hätte?
    Auch dann nicht einmal, wenn in eins zu schmelzen,
    Auf Euern Wink nur beide warteten? –
    Ihr schweigt?

    Nathan.       Ihr überrascht mich, junger Ritter.
    1. Hier bohrt der Tempelherr noch einmal nach.
    2. Macht noch stärker klar, was er für Recha empfindet und dass er sie eigentlich heiraten will.
    3. Nathan bleibt erstaunlich kühl und distanziert.
    4. Dies ist erstaunlich, wenn man weiß, wie sehr er sich vorher um ein gutes Verhältnis zum Tempelherrn bemüht hat.
    5. Möglicherweise hat das hier nur dramaturgische Gründe - schließlich brauchen wir noch zwei weitere Akte. Andererseits könnte auch das schlechte Gewissen eine Rolle spielen, denn Nathan weiß natürlich, wie die Vertreter der großen Religionen darauf reagieren, wenn ihnen ein Mitglied gewissermaßen religiös entführt wird.

  4. Nathan.       Nun kommt nur, kommt!

    Tempelherr.             Wohin?
    Nein! – Mit in Euer Haus? – Das nicht! das nicht! –
    Da brennt's! – Ich will Euch hier erwarten. Geht! –
    Soll ich sie wiedersehn: so seh ich sie
    Noch oft genug. Wo nicht: so sah ich sie
    Schon viel zu viel ...

    Nathan.       Ich will mich möglichst eilen.
    1. Am Ende - wie schon angedeutet, eine verhärtete Position beim Tempelherrn und
    2. ein Lavieren bzw. Taktieren oder auch reines Abwarten bei Nathan.
    3. Auf jeden Fall sieht er in dieser Szene ähnlich schlecht aus wie in I,1, als er Daja zum Schweigen verpflichtete.

III,10: Daja sagt dem Tempelherrn, dass Recha eine Christin ist - das wird Folgen haben

  1. Tempelherr:
    Ihr macht
    Mich neubegieriger, als ich wohl sonst
    Zu sein gewohnt bin.

    Daja.       Oh! das ist das Land
    Der Wunder!

    Tempelherr.       (Nun! – des Wunderbaren. Kann
    Es auch wohl anders sein? Die ganze Welt
    Drängt sich ja hier zusammen.) –
    1. Hier wird deutlich, wie sehr in diesem Drama ganz allgemeine Probleme der Zeit zusammen"gedrängt" worden sind - der Tempelherr gibt indirekt ein Urteil über Lessings Drama ab.

  2. Tempelherr:
    Liebe Daja,
    Nehmt für gestanden an, was Ihr verlangt:
    Daß ich sie liebe; daß ich nicht begreife,
    Wie ohne sie ich leben werde; daß ...

    Daja.
    Gewiß? gewiß? – So schwört mir, Ritter, sie
    Zur Eurigen zu machen; sie zu retten:
    Sie zeitlich hier, sie ewig dort zu retten.
    1. Hier erfährt Daja, dass der Tempelherr Recha wirklich liebt.
    2. Sie macht dann aber deutlich, dass das nicht reicht, sondern Recha auch religiös gerettet werden muss (nach dem Verständnis der damaligen Zeit)

  3. Daja.       Der Mann ist sonst
    So gut! – Ich selber bin so viel ihm schuldig! –
    Daß er doch gar nicht hören will! – Gott weiß,
    Das Herze blutet mir, ihn so zu zwingen.
    1. Hier wird deutlich, dass Nathan eben nicht hundertprozentig gut ist.

  4. Tempelherr.       Besonders, da
    Sie eine Christin ist von Eurer Mache.

    Daja.
    Ah! so versteht Ihr's? So mag's gelten! – Nein!
    Den will ich sehn, der die bekehren soll!
    Ihr Glück ist, längst zu sein, was sie zu werden
    Verdorben ist.
    1. Zum einen wird klar, dass es für den Tempelherrn entsprechend dem Denken der Zeit Unterschiede zwischen einer bekehrten Jüdin gibt und einer Christin von Geburt an.
    2. Daja macht dann in ihrem Widerspruch auch klar, dass Nathan Recha "verdorben" hat - ein schlimmer Vorwurf. Später ist von einem "Wahne" die Rede - bzw. davon, dass Nathan sich erlaubt habe, "die Stimme der Natur so zu verfälschen".

  5. Tempelherr zu Daja:
    Ihr habt mir allerdings etwas vertraut –
    Von Wichtigkeit, – was Folgen haben kann, –
    Was mich verwirrt, – worauf ich gleich nicht weiß,
    Was mir zu tun. – Drum lasst mir Zeit. – Drum geht!
    Er kömmt hier wiederum vorbei. Er möcht'
    Uns überfallen. Geht!
    1. Hier wird deutlich, dass Nathans Verhalten tatsächlich "Folgen" haben kann - was dann auch eintritt und das Drama verlängert.
    2. Auch wird sichtbar, wie sehr das den Tempelherrn beschäftigt und er erst mal Nathan nicht sehen will (sogar von "überfallen" ist die Rede), bis er sich über seine Reaktion klar geworden ist.

Die weiteren Akten und eine Gesamtübersicht über die "Nathan"-Infos und Materialien


Themenseite zu "Nathan der Weise"
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Akt 1 in zwei Teilen - Inhalt und Schlüsselzitate

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und

https://www.schnell-durchblicken2.de/lessing-nathan-lve-i-2-6

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Akt 2: Inhalt und Schlüsselzitate

https://www.schnell-durchblicken2.de/lessing-nathan-in-zitaten-akt2
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Akt 3: Inhalt und Schlüsselzitate

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Akt 4: Inhalt und Schlüsselzitate

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Akt 5: Inhalt und Schlüsselzitate

https://www.schnell-durchblicken2.de/lessing-nathan-in-zitaten-akt5


Für die, die sich die einzelnen Szenen gern "auf die Ohren" legen - Hörbuch-Vorstellung

https://www.schnell-durchblicken2.de/lessing-nathan-mp3



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