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Entwicklung der Beziehung "Sommerhaus, später"

Entwicklung der Beziehung zwischen der Ich-Erzählerin und Stein in der Erzählung "Sommerhaus, später"

Im Folgenden versuchen wir zu verstehen und darzustellen, was sich in der erzählten Wirklichkeit der Geschichte abgespielt hat - und warum es so endete, wie es endete.

Hier zunächst größere Zusammenhänge, bevor wir weiter unten auf einzelne Abschnitte genauer eingehen.

Wenn Sie schnell zu bestimmten Stellen auf dieser Seite kommen wollen, dann lassen Sie Ihr System einfach das Folgende suchen. Das Zeichen # sorgt dafür, dass Sie gleich an die richtige Stelle kommen.
  • #Gesamtentwicklung im Überblick
  • #A4-A5-A2: Bewusstloses Aneinandergeraten - mit Spannungsansätzen
  • #A6: Die Beziehung zwischen Trennung und Anruf
  • #A1 und A3: Freundlicher Überfall

  • #Tabelle mit Überblick über den Inhalt der Abschnitte

  • #Markante Überschriften für die einzelnen Abschnitte finden

#Gesamtentwicklung im Überblick

Zweite Variante: Schaubild der 8 ersten Abschnitte
  • Das folgende Schaubild versucht, die ersten 8 Abschnitte der Erzählung in einen Entwicklungszusammenhang zu stellen. Ziel ist dabei eine textnahe Fixierung des jeweiligen Kerns mit einem Zitat oder einer zitatähnlichen Wendung.
  • Ausgangspunkt ist hier der Anruf mit der entscheidenden Information: "Das Haus gefunden" - es folgt der Gegensatz von "verständnislos" auf der Seite der Ich-Erzählerin und "gereizt" bei dem aufgeregten  und ein bisschen enttäuschten Stein.
  • Dann der Rückblick auf das "Gerede" und den Eindruck, dass Stein bei seiner Haussuche "komisch" wird.
  • Es folgt der Begeisterungsausbruch Steins "unglaublich", seine Attacke auf die Ich-Erzählerin, die sie geradezu als "obszön" empfindet, also als Angriff auf ihre Intimsphäre. Dann ihre vorläufige Kapitulation: "Ich zog mich an."
  • Anschließend der Rückblick auf die gemeinsame Taxifahrt und den Einzug eines Mannes, der keine eigene Wohnung hat und auch keine zu brauchen scheint. Man gewinnt hier den Eindruck einer großen Spannung zwischen dieser Lebensrealität und dem Traum von einem Haus in Gemeinschaft.
  • Der Rückblick erstreckt sich dann auf den "Schwebezustand" bei den gemeinsamen Taxifahrten, was wohl eine Annäherung der Ich-Erzählerin an die Sicht- und Lebensweise Steins verdeutlichen soll.
  • Es folgt das harte "genug" und das halbe Cliquenleben Steins.
  • Nur in einer Situation, wo sie allein sind, gelingt es Stein, die Ich-Erzählerin kurzzeitig für sich zu gewinnen.
  • Dann der Rücksprung in die Gegenwart der Kernhandlung und die Frage: "Warum ich?" und die halbe Antwort, dass sie Stein zu einer Art Anfang eines Lebens in festen Umständen angeregt hat, auch wenn das erst mal nur eine Idee ist. Real ist die Fahrt sehr angespannt und läuft auf einen Konflikt um die Kauffrage hinaus, die die Ich-Erzählerin ins Schweigen zurückwirft.

Dritter Versuch eines zusammenfassenden Schaubildes der Entwicklung der Beziehung in Ab 1-8

Die ersten 8 Abschnitte zeigen:
  1. dass die Ich-Erzählerin eher passiv, distanziert und im Zweifel schweigend ist
  2. dass sie zudem sehr stark in der Clique verankert ist.
  3. Stein ist demgegenüber sehr aktiv und fantasievoll
  4. Wirkt auf eine besondere Weise anregend auf die Ich-Erzählerin, versetzt sie in eine positive Leere, einen Schwebezustand, aus dem etwas Neues entstehen kann.
  5. Aus Sicht von Stein ist das Neue dieses Haus, bei dem er sehr romantische Vorstellungen entwickelt.
  6. Es spricht einiges dafür, dass er solche romantischen Vorstellungen auch im Hinblick auf die Ich-Erzählerin entwickelt.
  7. Während das Haus möglicherweise als Sache seinen Vorstellungen entsprechend gestaltet werden kann, ist das bei dieser Ich-Erzählerin zweifelhaft.
  8. Das größte Problem ist, dass beide Figuren beschränkt sind in ihren kommunikativen und gefühlsmäßigen Möglichkeiten. Sie haben beide ein Problem mit Nähe.
  9. Eine Deutungshypothese wäre, dass Stein größere Gefühle nur gegenüber Sachen entwickeln kann – und die Ich-Erzählerin zu einem Bestandteil seiner großen Sache macht – mehr geht nicht.
  10. Deshalb kann er auch locker gehen und „danke“ sagen – hier

#A4-A5-A2: Bewusstloses Aneinandergeraten - mit Spannungsansätzen

  • Hier geht es um die beiden Rückblenden, die in das Telefonat und die Besichtigungsfahrt zum Haus eingeschoben werden.
  • Von der zeitlichen Reihenfolge her ist A4 der erste Entwicklungsschritt: Beide Personen geraten irgendwie aneinander. Man hat den Eindruck, dass es absichtslos geschieht.
  • Es folgt eine Intensivierung bei den gemeinsamen Fahrten, wobei die Ich-Erzählerin bis zu einem bestimmten Punkt in den Bann dieses Vagabunden gezogen wird.
  • Irgendwann in diesen drei Wochen hat Stein dann seinen Plan  entwickelt - von einem Haus außerhalb von Berlin - mit viel Natur.
  • Zugleich wird deutlich, wie sehr das entfernt ist vom Denken und Fühlen der Clique um die Ich-Erzählerin.

#A6: Die Beziehung zwischen Trennung und Anruf

  • Deutlich wird hier, wie locker die Anfangsbeziehung beendet wird - das entspricht ihrem Anfang.
  • Es bleibt aber etwas: Zwar wendet sich Stein jetzt anderen Frauen zu, aber die Ich-Erzählerin zeigt doch etwas andere Standards im Umgang mit Sex,
  • kann sich aber an den Sex mit Stein auch nicht erinnern.
  • Im Garten von Heinzes Haus kommt es dann doch noch zu einer weiteren Annäherung,
  • darauf folgt dann aber direkt der vorläufig endgültige Absturz.
  • Der macht dann das "Überfallartige" des Telefonanrufs verständlich, mit dem die Erzählung beginnt.

#A1 und A3: Freundlicher Überfall

Wir versuchen hier einfach mal, dem jeweiligen Abschnittsbereich eine Überschrift zu geben, die ein Kernelement deutlich werden lässt.
Hier haben wir uns inspirieren lassen von "feindliche Übernahme" - ein Vorgang, bei dem eine Firma eine andere "verschlingt".
Hier kann man sich darüber streiten, inwieweit es sich um das Gegenteil davon handelt, auf jeden Fall ist es nicht direkt "feindlich".
  • Zunächst einmal macht das Schaubild deutlich, dass da zwei Welten aufeinanderprallen: Links unten die Rumsitzerin, rechts oben der Begeisterte.
  • Von dem geht nun zusätzlich ein Impuls aus, der
  • letztlich dazu führt, dass die Ich-Erzählerin sich anzieht und tatsächlich mit auf die Besichtigungsfahrt geht.
  • Insgesamt merkt man deutlich, wie aktiv und dominant Stein hier auftritt.
  • Im Rahmen der Kommunikation kann dann genauer untersucht werden, wie und inwieweit die Ich-Erzählerin hinhaltenden Widerstand leistet und
  • wie die Beziehung sich auf dieser Ebene überhaupt darstellt.
  • Eine Weiterentwicklung dieses Schaubild-Ansatzes könnte versuchen, das auch noch einzubeziehen.

Nächster Abschnitt

Nächster Abschnitt

#Tabelle mit Überblick über den Inhalt der Abschnitte

Hier präsentieren wir demnächst auch noch eine ausdruckbare Text-Tabellenfassung.
Übersicht als pdf-Datei herunterladen

#Markante Überschriften für die einzelnen Abschnitte finden

Im Folgenden probieren wir mal aus, was dabei herauskommt, wenn man versucht, für jeden Abschnitt eine markante Überschrift oder eine These zu finden.

  1. „Manche Leute können einen einfach nicht in Ruhe lassen.“
    1. Die ersten beiden Wörter machen schon mal wieder die Distanz deutlich, das Unpersönliche, das ja auch am Anfang der Erzählung direkt anklingt.
    2. Insgesamt klingt der Satz auch ziemlich schnodderig, was so zur Ich-Erzählerin passt.
    3. Und schließlich geht es am Ende wirklich um einen entscheidenden Punkt, nämlich dass die Ich-Erzählerin  einfach in Ruhe gelassen werden will.

  2. Zu viel Fantasie macht einem nur Stress!”
    1. Wir wollten hier nicht mit der gleichen Formulierung “Manche Leute” anfangen, darum die Veränderung.
    2. Ansonsten geht es ja in diesem Erinnerungs-Abschnitt vor allen Dingen um die Fantasiegebilde, die Stein sich da im Hinblick auf das Haus ausgedacht hatte.
    3. Und es geht eben wieder um den Aspekt des Stresses, der schon bei der ersten Überschrift angedeutet worden ist.

  3. Ganz schlimm wird es dann, wenn jemand mit seiner Begeisterung auch noch voll ausrastet und einen mehr oder weniger mit reißt
    1. Hier hätte man doch möglicherweise diesen Anfang mit “manche Leute” fortsetzen können, weil damit auch deutlich würde - gewissermaßen durch die Anapher - , dass das alles auf der gleichen Linie liegt und damit letztlich auch so eine Art Steigerung produziert.
    2. Inhaltlich geht es auf jeden Fall um die Kombination von Begeisterung und ausrasten
    3.  und schließlich am Ende um den Aspekt des Mitgerissen-werden-Sollens, was ja hier wohl eindeutig vorliegt.

  4. Manche Leute können anscheinend wunderbar auf anderer Leut’s Kosten leben.”
    1. Hier wurde wieder mehr oder weniger die gleiche Einstiegsformel verwendet, die doch recht gut passt.
    2. Dann ist hier absichtlich eine These formuliert worden, die natürlich den ganzen Stein nicht trifft. Aber so etwas ist ja auch gut, weil es dann eben Diskussionen auslöst.
    3. Der Stein ist ja durchaus bereit, auch im eigenen Taxi zu schlafen, d.h. ihm ist die Nomaden-Existenz wichtiger als das “Irgendwo-bei-anderen-Leuten-Unterkommen.

  5. Gelegenheit macht Liebe, zumindest ein bisschen.”
    1. Hier wird einfach mal auf einen allgemeinen Spruch zurückgegriffen, der wohl eine Lebensweisheit darstellt.
    2. Sie wird dann aber auch sogleich reduziert, um deutlich zu machen, dass da schon etwas zwischen den beiden abgeht,
    3. aber eben letztlich doch wahrscheinlich zu wenig, um es weiterzuentwickeln und tragfähig werden zu lassen.

  6. Cliquen und ähnliche Gemeinschaften können Außenseiter immer nur ein bisschen gebrauchen.”
    1. Als erstes wird hier zumindest ansatzweise deutlich, was eine Clique ist,
    2. dann geht es um die Frage des Zugangs zu einer Clique
    3. und damit am Ende um die schwierige Situation von Leuten die irgendwie dazugehören und letztlich dann doch auch wieder nicht.
    4. Genauso gut könnte man natürlich auch eine Überschrift wählen, die den besonderen Abbruch dieser Beziehung in den Mittelpunkt stellt, so etwas könnte etwa lauten:
    5. “Wer locker anfängt, hört auch locker auf.”
    6. Damit würde die relative Belanglosigkeit dieser Beziehung, der fehlende Tiefgang betont. Sowohl das Ende als auch der Anfang sind schon ziemlich seltsam und liegen nicht im Bereich des Normalen.

  7. “So kann man einmalige Chancen vertun.”
    1. Diese These hebt darauf ab, dass Stein und die Ich-Erzählerin sich hier schon sehr nahe kommen, letztere vergisst sogar mal ihre Clique.
    2. Aber dann wird doch nichts Positives daraus,
    3. was die Frage nach dem Grund aufwirft: Eine Antwort könnte sein, dass sowohl die Ich-Erzählerin wie auch Stein Angst vor Bindungen haben und deshalb immer wieder entweder selbst zurückschrecken oder den anderen zurückstoßen.

  8. “Wer große Projekte im Kopf hat, steht auch ganz schön unter Spannung.”
    1. Hier soll noch einmal deutlich werden, dass Stein wirklich ein großes Projekt im Kopf hat
      und dass das ihn anscheinend ganz schön unter Dampf setzt.
    2. Er ist dabei bereit, einige Risiken in Kauf zu nehmen - Rücksicht auf andere nimmt er nicht groß.


Bedeutung des Kindes

  • Schon beim ersten Lesen fragt man sich, was es mit dem Kind auf sich hat.
  • Je tiefer man in diese Beziehung einsteigt und je mehr man feststellt, dass die Ich-Erzählerin viel zu sehr noch in ihrer Clique und deren verantwortungslosem Leben verwurzelt ist, desto mehr kommt man auch auf den Gedanken, dass das Kind möglicherweise Symbol ist für eine Beziehung, aus der auch Familie, d.h. auch ein Kind entsteht.
  • Und so wie die Ich-Erzählerin alles "obszön" findet, was mehr ist als unverbindlicher Sex, so empfindet sie allein schon das Vorhandensein dieses Kindes als Bedrohung ihrer Freiheit. Nicht von ungefähr nähert sich das Kind ja ihr und Stein auch, als sie rot wird, Gefühle zeigt - und später taucht das Kind auch beim Haus auf.
  • Noch deutlicher wird die Problematik dann in Abschnitt 16, wo genau in dem Moment, als sie bei den 80000 Mark sind, die zeigen, wieviel Stein das Haus wert ist. Statt eine Antwort auf die Frage zu geben, schaut Stein angestrengt in die Richtung des plötzlich auftauchenden Kindes, das kann man so verstehen, dass es ihm wichtig ist - als Symbol für Familie. Und dann die Etikettierung "das blasse, blöde Kind" durch die Ich-Erzählerin. Das bedeutet doch nichts anderes als dass es ihr nichts zu bieten hat im Vergleich zum Cliquenleben, dafür aber blöd-viel Arbeit macht, weil es sich nämlich "an den Kittel der Frau gekrallt hat". Diese negativen Formulierungen zeigen deutlich, wie weit die Ich-Erzählerin von einer umfassenden Zweisamkeit mit Stein - also mit Haus und Familie - entfernt ist. Dazu passt dann auch die Negativ-Tirade, die Stein vorher losgelassen hat gegen das Cliquenleben.
  • Interessant dann auch, dass sie von Stein keine Antwort auf die Frage nach dem Kind erwartet, offensichtlich ist es unterschwellig klar zwischen den beiden, dass sie das trennt. Und noch einmal wird deutlich, dass sie nicht nur auf eine Berührung wartet, sondern eben auch: "Du wolltest doch immer mit uns sein." (272) Damit ist die Ich-Erzählerin wieder bei dem ihr vertrauten Cliquen-Modell, das ihr auf jeden Fall vertrauter ist.

Bedeutung des Schnees und der Kälte

  • Auffallend ist, wie häufig von Schnee die Rede ist und auch von Kälte.
  • Es wäre zu klären, inwieweit es sich um ein Leitmotiv handelt, das die Angst vor der Bindung verdeutlicht.
  • Bezeichnenderweise wischt Stein den Schnee beiseite (237), der Ich-Erzählerin ist "unglaublich kalt", dafür ist Steins Hand "jetzt warm und weich" (235).

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