Dürrenmatt, "Die Physiker" - ein Theaterstück lesen und mit Kommentaren eine Sachtextklausur vorbereiten
Wenn im Unterricht ein Drama besprochen wird, ist sicher der erste Gedanke, dass dann auch eine Szenenanalyse als Klausur geschrieben wird. Was aber tun, wenn es stattdessen eher um Sachtexte geht, sei es um deren Analyse oder auch Auswertung bis hin zu einer Zusammenfassung oder Stellungnahme.
Uns ist hier folgender Gedanke gekommen und den wollen wir mal ausprobieren.
Wie wäre es, wenn man das Kommentieren von Leseeindrücken und sich daraus ergebenden Meinungen üben würde? Am Anfang legt man entsprechende Texte vor, lässt sie analysieren und dann auch kommentieren. Im Laufe der Zeit wird auch die Erstellung von Ausgangstexten immer mehr in die Kursarbeit verlegt. Natürlich kann man dann bei bestimmten Aspekten auch veröffentlichte Sekundärtexte mit einbeziehen.
Der Vorteil des Verfahrens könnte sein, dass der Umgang mit Sachtexten als etwas ganz Natürliches erlebt wird und dann auch die Kompetenzen beim Umgang damit wachsen.
Ausgangskommentar zum Regieanweisungsvorwort am Anfang des Stücks
Wir zeigen hier, wie man einen solchen Kommentar verfassen könnte und wie man dabei am besten vorgeht.
Als erstes muss man sich natürlich den Text anschauen, dabei sollte man aber gleich Beobachtungen und Einfälle notieren. Das sind ja eigentlich die beiden Kernfragen, die die Auseinandersetzung mit einem Text ermöglichen:
Was fällt mir am Text auf?
Das ist zum Beispiel die Länge dieser "Regieanweisung".
Ihre Weitläufigkeit mit scheinbaren Abschweichungen
Die vielfach eingestreuten persönlichen Meinungselemente
Was fällt mir zu dem Text ein?
Ist das überhaupt noch auf dem Weg zu einem Drama? Könnte es nicht genauso gut zu einem Roman werden?
ist das nicht irgendwie ein Sammelsurium von Dingen, die dem Verfasser so durch den Kopf gegangen sind - ohne eine klare Richtung?
Anschließend muss man sich überlegen, wie man die Beobachtungen und Einfälle möglichst unter ein gemeinsames Dach packen kann.
In diesem Falle nehmen wir das Problem, wenn ein Theaterschriftsteller nicht das Stück in den Vordergrund stellt, sondern sich selbst.
Kommentar zum "Vorwort" zum Ersten Akt
Wenn man an "normale" Theaterstücke zurückdenkt, ist man erstaunt, was für eine umfangreiche Einleitung Dürrenmatt seinem Stück vorangestellt hat. Bei Goethes Faust hieß es noch: "In einem hochgewölbten, engen gotischen Zimmer Faust, unruhig auf seinem Sessel am Pulte." Hier haben wir sage und schreibe 122 Zeilen. Da kommt die Frage auf: Muss das sein?
Meine Antwort darauf ist ein klares Nein. Wir haben den Eindruck, Dürrenmatt hat wie Goethe angefangen, aber dann hat er losgeschrieben, was das Zeug hielt. Dabei hat er nicht immer dran gedacht, welchen Zweck so eine Vorbemerkung zu einem Teil eines Theaterstücks hat. Er beschreibt nämlich nicht nur den Ort, an dem es stattfindet, sondern seltsamerweise auch die Orte, an denen es nicht stattfindet.
Wenn er das dann auch noch selbst zugibt, fühlt man sich als Leser schon ein bisschen veralbert.
Genau im gleichen Stil geht es weiter: Ausführlich wird man über all die Leute informiert, die im Stück keine Rolle spielen.
Was das Kernpersonal angeht, so wird man über die Ausgangssituation des Stücks wie von einem Erzähler informiert. Aber ein Erzähler in einem Theaterstück? Dann sollte er aber auch so benannt werden. Auf jeden Fall setzt dieser seltsame Erzähler hier gleich deutliche Akzente, wenn er etwa die Leiche "in tragischer und definitiver Stellung" liegen sieht. Das hat mit Information nicht mehr viel zu tun - das zwingt schon zur Interpretation.
Dann folgt noch eine Menge, was besonders in der Zeit des Naturalismus üblich war: Die Schriftsteller wollten eine fast fotogetreue Umsetzung dessen, was sie als Bild der Zeit im Kopf hatten - dementsprechend gab aus ausführliche Beschreibungen der Bühnenausstattung.
Dass dazu auch der Hinweis auf leichte Alkoholisierung bei den Beamten gehört, kann man hinnehmen. Ebenso dass der Kriminalinspektor als erstes zu einer Zigarre greift. Damit ergibt sich ein fließender Übergang vom sogenannten Nebentext des Dramas in den Haupttext, denn da will er dann gleich noch einen Schnaps.
Kehren wir zu unserem Ausgangseindruck zurück: Etwa die gefühlte Hälfte dieses überlangen Vorworts ist eher erzählend als dramatisch und man muss sich vor allem fragen, ob die vielen kritischen Seitenhiebe auf Landschaft, Architektur und Gesellschaft wirklich etwas mit dem Stück zu tun haben. Wir hätten jedenfalls alles Notwendige gerne von den Menschen auf der Bühne erfahren, so wie wir es im guten Deutschunterricht gelernt haben. Aber so große Schriftsteller wie Dürrenmatt halten das Normale wohl kaum aus - es bleibt nur die Frage, ob es sinnvoll ist.
Neuer Text
Neuer Text
Neuer Text
Suchfeld für die komplette Webseite www.schnell-durchblicken2.de