"Leben ohne Zahl und Zeit" - Auswertung eines Spiegelartikels zur Sprache der Pirahã vom 24.4.2006:
Es handelt sich um einen Spiegel-Online-Artikel vom 24.4.2006, in dem von Rafaela von Bredow in der Abteilung Linguistik ein Volk vorgestellt wird, das anscheinend "ohne Zahl und Zeit" lebt, wie man an der Sprache sehen kann. https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46707709.html
Der Artikel beginnt mit dem Anfang der Beziehung zwischen dem Volk der Pirahã und dem Linguisten Daniel Everett, wobei dieser fast ermordet ermordet worden wäre.
Anschließend wird auf Forschungen dieses Ethnologen und seiner Frau eingegangen, die ab 1977 erfolgten und bis zum Erscheinen des Artikels auf immerhin sieben Jahre gemeinsamen Lebens gekommen sind.
Als das Besondere an der Sprache dieser etwas mehr als 300 Menschen wird hervorgehoben, dass sie keine Nebensätze kennt, was vor allem den Sprachwissenschaftler Chomsky stört, weil es die von ihm aufgestellte These von der entscheidenden Gemeinsamkeit aller Sprachen der Welt durchbricht. Es geht um das Prinzip der Rekursion. Damit ist gemeint, dass die menschlichen Sprache angeblich alle in der Lage sind, endlos Nebensätze aneinanderzureihen, wobei immer wieder ein Element aus dem vorangehenden Satz aufgegriffen wird. Als Beispiel wird im Artikel aufgeführt: "Das ist der Hund, der die Katze jagte, die die Ratte tötete, die in dem Haus lebte, das Andrea gebaut hat." Uns erscheint das Beispiel nicht sehr lebensnah zu sein, es wirkt stark konstruiert. Stattdessen würden wir das folgende Beispiel vorschlagen: "Das ist der Mann, der in Südamerika war, wo längere Zeit mit Ureinwohnern zusammengelebt hat, die eine besondere Methode entwickelt haben, mit der man im Winter ein Feuer unterhalten kann, das auch bei starkem Sturm nicht ausgeht."
Wichtig ist das Phänomen der Rekursion, weil es den Menschen ermöglicht, mit einem begrenzten Lexikon von Begriffen und grammatischen Verknüpfungsmöglichkeiten unendlich viele und vor allem völlig neue, noch nie gehörte, Sätze zu bilden.
Neben den Nebensätzen fehlen der Sprache dieses Indianerstamms auch Zeitformen, sie scheinen ganz in der Gegenwart zu leben.
Erstaunlich ist, dass diese Indianer auch keine Zahlbegriffe kennen und das Wort für "eins" eigentlich eine kleine Menge bedeutet. Man fragt sich wirklich, wie sie zum Beispiel wissen, ob sie genügend Fisch für ihre Familie oder auch Gäste gefangen haben.
Das Entscheidende, auf das der Artikel hinausläuft, ist die Neubelebung der These von Whorf, nach der Sprache und Kultur eng verknüpft sind. Nach ihm kann der Mensch nur das denken, wofür er auch Begriffe und sprachliche Verknüpfungsmöglichkeiten hat.
Was diesen Indianerstamm angeht, spricht der Verfasser sogar von einer Carpe-diem-Kultur, also einer Lebensweise, die sich - wie oben schon erwähnt, ganz auf die Gegenwart konzentriert. Auch kennen die keine Kunst, also keine fiktiven Welten neben der realen. Aufgezählt werden im Artikel die folgenden Defizite: Es gibt keinen Schöpfungsmythos, keine Märchen, keine erfundenen Geschichten - und es malt auch niemand.
Der Artikel schließt mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit weiterer Forschungen - und wenn man daran denkt, dass der Artikel im Jahre 2006 geschrieben wurde, dann lohnt es sich sicher, im Internet nach weiteren Erkenntnissen zu recherchieren. Dabei lässt sich dann vielleicht auch die Frage beantworten, die am Ende gestellt wird, ob auch dieser Indianerstamm nur eine "wissenschaftliche Kuriosität" darstellt, "die man ausbeutet und am Ende noch ihre Fäzes analysiert." Wir mussten das Wort erst nachschlagen, so fern lag es uns: Es bedeutet soviel wie Kot bzw. Ausscheidungen.
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