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Bürger, "Für wen ..."

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Anmerkungen zum fragmentarischen Gedicht "Für wen, du gutes deutsches Volk" von Gottfried August Bürger


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Gottfried August Bürger

Für wen, du gutes deutsches Volk
Behängt man dich mit Waffen?
Für wen lässt du von Weib und Kind
Und Herd hinweg dich raffen?
Für Fürsten- und für Adelsbrut,
Und fürs Geschmeiß der Pfaffen.

War's nicht genug, ihr Sklavenjoch
Mit stillem Sinn zu tragen?
Für sie im Schweiß des Angesichts
Mit Fronen dich zu plagen?
Für ihre Geißel sollst du nun
Auch Blut und Leben wagen?

Sie nennen's Streit fürs Vaterland,
In welchen sie dich treiben.
O Volk, wie lange wirst du blind
Beim Spiel der Gaukler bleiben?
Sie selbst sind das Vaterland,
Und wollen gern bekleiben.

Was ging uns Frankreichs Wesen an,
Die wir in Deutschland wohnen?
Es mochte dort nun ein Bourbon,
Ein Ohnehose thronen.
Anmerkungen zu dem Gedicht:

Es handelt sich offensichtlich um ein Fragment aus dem Jahre 1792, als das revolutionäre Frankreich den konservativen Mächten Österreich und Preußen den Krieg erklärt.

4 Strophen mit dreimal 6 und einmal 4 Zeilen.
Drei bis vierhebiger Jambus mit einer Störung in der vierten Verszeile der 3. Strophe
In den fertigen Strophen reimen sich jeweils die 2., 4. und 6. Zeile.
In der letzten Strophe reimen sich die 2. und 4. Zeile, dann hört das Gedicht zu früh auf.
Was die sogenannten "Kadenzen" oder "Versschlüsse" angeht, so hängen sie von der Betonung der letzten Silben in den Zeilen ab.
Wenn wie in der ersten Zeile am Ende eine betonte Silbe steht, hat man einen "männlichen Versschluss", wenn wie in der 2. Zeile die zweitletzte Silbe betont wird, spricht man von einem weiblichen Versschluss. Hier wechseln sich die beiden Varianten immer ab.

1. Strophe:
Rhetorische Fragen, für wen die Männer zu den Waffen gerufen werden - mit der selbst gegebenen Antwort: Für die Fürsten, den Adel und die "Pfaffen", also die Vertreter der Kirche.

2. Strophe:
Rückblick auf all das, was die Menschen schon ertragen mussten, jetzt sollen sie auch noch für den Fortbestand der Unterdrückung kämpfen.

3. Strophe:
Auseinandersetzung mit der Begründung für den Krieg, was für ein "Spiel der Gaukler", also falsch gehalten wird.
Hinweis darauf, dass die genannten Vertreter der alten Mächte selbst das Vaterland sind, die einfachen Menschen nicht dazu gehören.
Worterklärung: "bekleiben" = "an der Macht bleiben"

4. Strophe:
Infragestellung des Eingreifens in die französische Politik. Die Frage, ob dort ein "Bourbone", also der König, oder ein "Ohnehose", also ein revolutionärer Sansculotte (Verzicht auf die halblangen Hosen der alten Zeit), regieren.

Insgesamt zeigt das Gedicht:
  1. die Infragestellung der Begründung für den Krieg
  2. die Interessengegensätze zwischen den Herrschenden und den Unterdrückten
  3. den eigentlichen Grund für den Krieg: die Fortsetzung der Unterdrückung
  4. das Desinteresse des einfachen Volkes an den Verhältnissen im Nachbarland
  5. insgesamt eine deutliche Kritik an den politischen und sozialen Verhältnissen in Deutschland
Künstlerische Mittel:
  1. Viele rhetorische Fragen
  2. sehr negative Wortwahl für die herrschenden Schichten ("Adelsbrut", "Geschmeiß")
  3. Metaphern für die Unterdrückung: "Sklavenjoch", "Geißel"
  4. Umschreibung: "Spiel der Gaukler"
  5. Gegensatz: Frankreich - Deutschland und "Bourbon" und "Ohnehose"


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