Lars Krüsand, Technik: Rückschritt statt Fortschritt
Der folgende Sachtext ist aus zwei Gründen interessant:
- Zum einen kann man ihn erst mal aufnehmen, was die Fragen Fortschritt und Rückschritt in der Technik angeht.
- Dann aber kann man diesen Text aus dem Jahre 2005 auch überprüfen, inwieweit die für die damalige Zeit angesprochenen Probleme heute noch aktuell sind - wenn auch vielleicht in anderer Form.
- Besonders Kreative Schüler könnten sich von dem Text auch anregen lassen, die Problematik aus heutiger Sicht anzugehen: Der Vorteil dabei: Man kann den Gedankengang übernehmen und passt nur die Beispiele an.
- Natürlich kann man auch die Richtung ändern und einen Gegentext schreiben.
- Natürlich kann man sich auch an den Aufgaben einer Klassenarbeit aus dem Jahre 2005 orientieren und die Lösungshinweise verwenden, um die Analyse von Sachtexten zu üben.
Unten gibt es auch eine Druckfassung des Textes und der Lösungshinweise.
Hier zunächst eine Vorschau
Lars Krüsand, Rückschritt statt Fortschritt
Man muss nur regelmäßig die Prospekte der großen Multimedia-Handelsketten durchblättern und schon sieht man den Fortschritt. Ständig gibt es neue technische Produkte bzw. noch leistungsfähige-re Versionen – und die Preise bleiben einigermaßen stabil oder sinken sogar. Und so düst man denn am Samstag gleich nach dem Frühstück in die Stadt, kauft ein neues Handy, einen neuen Festplatten-recorder und gleich noch eine 50er Spindel DVD-Rohlinge. Spätestens am Nachmittag ist die Freude dann häufig schon vorbei: Beim Handy klemmen einige Tasten und plötzlich ist da der Gedanke, dass der Akku wahrscheinlich wie beim letzten Gerät auch nur einige Wochen halten wird. Der Fest-plattenrecorder hängt sich immer auf, wenn man ihn mit dem alten Videorecorder verbindet und von den DVD-Rohlingen meldet jeder fünfte, dass dieses Medium nicht beschrieben werden kann.
Natürlich gelten diese Horrorgeschichten nicht für jedes Gerät, dennoch ist man erstaunt, wie viele Menschen über die Produkte der modernen Technik klagen und sich manchmal die alten Zeiten zu-rückwünschen, wo man Geräte über Jahre hinweg nutzte und sie im Falle eines Problems zum Händ-ler bringen konnte, der sie dann schnell reparierte.
Hinzu kommt, dass moderne Geräte zwar alles können, aber auch die meisten Menschen hoffnungs-los überfordern. Das merkt man spätestens dann, wenn die hochmoderne Digitalarmbanduhr jede volle Stunde fröhlich lospiepst und man lange braucht, bis das abgestellt ist. Oder der Wechsel von Sommer- zur Winterzeit – tja, da braucht man Freunde, die einem behilflich sind – oder man wühlt sich selbst durch das 100 Seiten dicke Handbuch.
Nicht vergessen sollte man die Müllberge, die unser technischer Fortschritt produziert: Letztlich lan-det alles, was in den Geschäften an neuer Technik in tausend Kartons angeliefert wird, ein, zwei Jahre später auf dem Müll.
Bleibt die Frage, woher dieser Wahn kommt, ständig die neueste Technik haben zu müssen. Das liegt sicher an der Werbung, aber die kann nur die Wünsche der Menschen verstärken. Der Fehler liegt also tief in uns modernen Menschen selbst. So wie vorwiegend Männergenerationen schon seit Jahr-zehnten immer auf die neuesten Autos warteten und immer noch warten, so wollen fast alle Men-schen die neuesten technischen Entwicklungen haben.
Nun kann man gut verstehen, dass man heute auf so etwas wie ein Handy nicht mehr verzichten will. Zu groß sind die Vorteile im Vergleich zu einer Zeit, wo man im Falle einer Autopanne erst mal den nächsten Bauern mit einem Telefon suchen musste oder bei einem Auslandsurlaub mehr oder weni-ger von all seinen Bekannten und Freunden über Wochen getrennt war.
Aber muss man unbedingt ein Handy haben, das auch Fotos schießen oder gar Filme aufnehmen und mit dem man fernsehen kann? Weniger dürfte manchmal wirklich mehr sein. Aber die meisten Men-schen werden sich dem Trend nicht entziehen können – vielleicht liegt die einzige Lösung darin, zu warten, bis das Spiel sein Endstadium erreicht hat und entweder das Geld ausgeht oder die Lust, sich nur noch mit den Macken der neuesten Geräteversionen zu beschäftigen.
entnommen: Internet-Zeitschrift „Na endlich“, Ausgabe September 2005, www.school-scout.de
Aufgabenstellung:
1. Formuliere in einem Einleitungssatz
möglichst präzise das Thema des Textes!
2. Teile den Text in Sinnabschnitte ein
und stelle sie in ihrem Gedankengang
kurz vor!
3. Nimm Stellung zum Text und zum
Thema! Berücksichtige dabei, dass der Text aus dem Jahre 2005 stammt. Was hat sich posi-tiv oder auch negativ verändert?
Viel Erfolg! Zeitplanung:
09.50-10.10 Lektüre des Textes: Einteilung in Abschnitte: Zeilen, Funktion, Inhalt, Anmerkun-gen
10.10-10.20 Aufgabe 1: Formulieren eines Einlei-tungssatzes mit präziser Angabe des Themas
10.20-10.55 Aufgabe 2: Darstellung des Gedan-kengangs
10.55-11.05 Überlegungen zur Stellungnahme;
11.05-11.15 Niederschrift;
11.15-11.25 Schlusskorrektur und Wörter zählen
1. Formuliere in einem Einleitungssatz möglichst präzise das Thema des Textes!
a. Bei dem im September 2005
b. in einer Internet-Zeitschrift erschienenen Text
c. mit der Überschrift „Rückschritt statt Fortschritt“
d. von Lars Krüsand
e. handelt es sich um einen argumentierenden Sachtext,
f. der sich mit Problemen der modernen Unterhaltungselektronik
g. und vor allem mit der Frage beschäftigt, warum Menschen ständig neue Geräte und Versionen wollen.
2. Teile den Text in Sinnabschnitte ein und stelle sie in ihrem Gedanken-gang kurz vor!
Einleitung:
a. 1-9: Situationsbeschreibung anhand einer Alltagssituation: Gegensatz zwischen den Versprechungen der Multimedia-Werbung und der durch Pannen und Pro-bleme gekennzeichneten Realität. Es werden drei Beispiele genannt.
Beginn der Herausarbeitung von drei Problembereichen:
b. 10-13: Einschränkung des allgemeinen Pannenvorwurfs, aber Beibehaltung der Kritik an der Pannenanfälligkeit heutiger Geräte
c. 14-18: Erweiterung der Problemliste um den Punkt: Moderne Multimediageräte sind zu komplex aufgebaut und überfordern die meisten Menschen
d. 19-22: Erweiterung um ein ganz anderes Problem, die Müllberge, die durch schnellen Modellwechsel bzw. Neuerungen entstehen
Diagnose und Therapie
e. 22-26: Frage nach den Hintergründen der Bereitschaft der Menschen, jeden neu-en Techniktrend mitzumachen (als „Wahn“ bezeichnet): Schuldzuweisung hauptsächlich an die Menschen selbst, Werbung wird nur als Verstärkungsfaktor gesehen.
f. 27-30: Verständnis für einen Teil des „Wahns“: Nachweis der Nützlichkeit be-stimmter Geräte und Funktionen am Beispiel des Handys
g. 31-32. Infragestellung bestimmter als unnötig empfundener technischer Entwick-lungen und
h. Plädoyer für Selbstbeschränkung
i. Resignierende Prognose: Menschen werden weiter so handeln wie bisher
j. Herausstellung einer „Lösung“, die liegt im Warten auf zwei Schluss-Szenarien: entweder geht das Geld aus oder der Frust über die „Macken“ der Geräte (siehe Einstieg, also Ringschluss) wird zu groß.
3. Nimm Stellung zum Text und zum Thema!
a. Krüsand spricht ein wichtiges Problem an
b. Begründung möglichst mit Beispiel: Auch an verkaufsflauen Tagen sind die Mul-timedia-Märkte meistens voll. Vielleicht Hinweis auf Wertverfall gekaufter Ge-räte, Ärger darüber, die neueste Variante knapp verpasst zu haben. Man könnte sagen: Wer jetzt kauft, hat morgen einen Fehler gemacht.
c. Kritik an Übertreibung: Die meisten Geräte funktionieren, ansonsten hat man ja Gewährleistungsansprüche.
d. Richtig ist die Kritik an der Komplexität und zum Teil zu geringen Kundenorien-tierung sowie Geldschneiderei, z.B. Gefährliche Einstiegsstellen für teuere Inter-net-Nutzung am Handy – oder nur MMS-Transport von Fotos zum eigenen Rechner.
e. Zu gering wird der Fortschritt eingeschätzt: Inzwischen sehr brauchbare Foto- und Videohandys, man muss nicht mehr mehrere Geräte mitschleppen; Traum der Kombination mit Radio und mp3-Player, vielleicht sogar TV-Empfang. Vor allem sinnvoll ist eine Kombination mit Organizer-Funktionen. Hier sollte eine passende Beispielsituation entwickelt werden: Zum Beispiel Wetternachrichten bei Bergtour oder Vorbereitung von Terminen für Geschäftsreisende mit Fotos der noch nicht so bekannten Partner.
f. Müll-Problem kann anders geregelt werden – durch vernünftiges Recycling.
g. Fazit: Ein guter Denkanstoß, der aber nur in Details überzeugend ist und berück-sichtigt werden sollte.
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