Neuer Text

"Sommerhaus": literaturgeschichtlich

Wer einen schnellen Überblick über weitere Angebote von uns bekommen möchte. Hier gibt es eine alphabetische Übersich.
http://www.relevantia.de/register-der-websites
Schauen Sie auch nach auf:
www.schnell-durchblicken.de
www.endlich-durchblick.de

"Sommerhaus, später" - Einordnung in die Literaturgeschichte

Beginnen wir mit einem kleinen Schaubild, das die Reichweite zeigt, die wir uns vorgenommen haben.
Darunter dann eine ausführliche Darstellung - und ganz unten noch eine Kurzfassung, die zu dem Schaubild geführt hat.
Wenn man die Erzählung "Sommerhaus, später" In die Literaturgeschichte einordnen will, hat man die ganzen Probleme, die mit der Epocheneinteilung seit dem Expressionismus beziehungsweise der Neuen Sachlichkeit verbunden sind: Es gibt nämlich keine festen Epochenbezeichnungen mehr wie "Sturm und Drang",  "Klassik" und "Romantik", die man leicht verwenden kann. Stattdessen finden sich eine Vielzahl von Begriffen, zwischen denen man wählen kann und muss - siehe zum Beispiel dieses Schaubild.

Wir wählen deshalb einen anderen Weg und werten einen Überblick über die Literatur der 90er Jahre aus, der sich hier findet:
https://www.br.de/telekolleg/faecher/deutsch/literatur/02-literatur-fakten-100.html

Außerdem prüfen wir die dort zu findenden Kennzeichen im Hinblick auf die Erzählung von Judith Hermann.

Dabei ergibt sich das folgende Ergebnis:
  1. Ganz allgemein: Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen "Stilbegriff und Epochenbezeichnung": Ein gewisser Trend, aber keine Allgemeingültigkeit
    • Judith Hermanns Erzählung entspricht einem gewissen Stil, der im Zusammenhang des sog. "literarischen Fräuleinwunders" thematisiert wird,
    • aber auch dort wird schon festgestellt, dass die damit gemeinten jungen Autorinnen nicht alle im gleichen Stil schreiben.

  2. "Rückkehr zum Realismus" und "Wiederentdeckung des Erzählens" im Unterschied  zu den "Selbstreflexionen" und "Formspielereien" der 70er und 80er Jahre; die waren verbunden mit einem resignierenden Rückzug aus der Politisierung der Literatur der 60er Jahre
    • Mit Selbstreflexion ist zunächst einmal gemeint, dass die literarischen Texte sich weniger mit dem Ungeheuerlichen der Welt beschäftigen, sondern mehr mit sich selbst, d.h. vor allem mit dem Erzählen. Das heißt: Statt dass es mit einer Handlung weitergeht, beschäftigt sich der Erzähler mit seinem eigenen Vorgang des Erzählens. 
    • Mit Formspielereien wiederum ist gemeint, dass man versucht, alles zu vermeiden, was nach einfachem Erzählen aussieht. Einfach erklären kann man das an Filmen, zum Beispiel solchen, die sich mit Biografien beschäftigen. Da dürfen auf gar keinen Fall nacheinander Lebensstationen vorgestellt werden,  sondern es muss irgendeine andere, möglichst neue Darstellungsweise verwendet werden. Typisch ist etwa die Verfilmung des Romans "Unterwerfung", in der der Hauptdarsteller gleichzeitig Romanfigur und Schauspieler in einem entsprechenden Theaterstück ist, was besondere Möglichkeiten der Kommentierung bietet.  
    • "Sommerhaus, später": es wird wieder erzählt, die Erzählung hat ja fast den Charakter einer Novelle, also einer "unerhörten Neuigkeit"
    • und auch das entsprechende Dingsymbol (Sommerhaus),
    • hat auch eine gewisse Dramatik
    • bleibt aber stark dem Innenraum der Figuren bzw. einer gewissen Innerlichkeit verpflichtet, was sich noch an Tendenzen der 70er und 80er Jahre anlehnt.
  3. Die Erzählung bzw. der Erzählband, der sie enthält, hat sich sehr gut verkauft (250.000 Exemplare), was auch als Gegenteil zu dem Vorwurf passt, die Literatur der 70er und 80er sei vor allem von "Lektoren und Rezensenten" gelesen worden.

  4. Ablösung der Generation der "Großschriftsteller" wie Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt - deutliches Erscheinen einer neuen Schriftstellergeneration (siehe "literarisches Fräuleinwunder"): Neben Judith Hermann seien noch genannt:
    • Felicitas Hoppe
    • Thomas Brussig
    • Feridun Zaimoglu
    • Christian Kracht
    • Marcel Beyer
    • Karen Duve

  5. Besonders groß ist der Kontrast zur Resignation der 70er und 80er Jahre bei den Popliteraten, die sich optimistisch geben
    • Benjamin von Stuckrad-Barre
    • Christian Kracht
    • "Sie wollen die Welt nicht verändern, sondern von der Welt erzählen, in der sie ständig auf Trab sind, und die sie in Trab hält. Und das ist nun einmal die Welt der Supermärkte, Werbespots und Markenartikel, in der alles zum Event stilisiert wird, die Welt der Sub- und Jugendkulturen und des perfekten mediengerechten Stylings, in der sie wissen, wie sie ihre Show abziehen müssen. Es herrscht hier, wie Iris Radisch kommentiert, eine 'Ästhetik des Augenscheins', die in ihrer Radikalität indes kulturkritischer ankommt als so manches kulturpessimistische Gejammer."
    • "Sommerhaus, später": " Judith Hermann verwendet Elemente der Pop-Literatur: häufige Nennung von Markennamen; Bezugnahme auf Popmusik; Beschreibung der Langeweile." (http://www.lesekost.de/deutsch/Erz/HHLDERZ01.htm)


Kurzfassung


Was sollte man wissen, wenn es um die Einordnung der Erzählung in die deutsche Literaturgeschichte geht?

Dabei ergibt sich das folgende Ergebnis:
  1. Unterscheidung zwischen "Stilbegriff und Epochenbezeichnung": Ein gewisser Trend, aber keine Allgemeingültigkeit
    • Judith Hermanns Erzählung entspricht einem gewissen Stil, der im Zusammenhang des sog. "literarischen Fräuleinwunders" thematisiert wird,
    • aber auch dort wird schon festgestellt, dass die damit gemeinten jungen Autorinnen nicht alle im gleichen Stil schreiben.

  2. "Rückkehr zum Realismus" und "Wiederentdeckung des Erzählens" im Unterschied  zu den "Selbstreflexionen" und "Formspielereien" der 70er und 80er Jahre; die waren verbunden mit einem resignierenden Rückzug aus der Politisierung der Literatur der 60er Jahre
    • "Sommerhaus, später": es wird wieder erzählt, die Erzählung hat ja fast den Charakter einer Novelle, also einer "unerhörten Neuigkeit"
    • und auch das entsprechende Dingsymbol (Sommerhaus),
    • hat auch eine gewisse Dramatik
    • bleibt aber stark dem Innenraum der Figuren bzw. einer gewissen Innerlichkeit verpflichtet, was sich noch an Tendenzen der 70er und 80er Jahre anlehnt.

  3. Die Erzählung bzw. der Erzählband, der sie enthält, hat sich sehr gut verkauft (250.000 Exemplare), was auch als Gegenteil zu dem Vorwurf passt, die Literatur der 70er und 80er sei vor allem von "Lektoren und Rezensenten" gelesen worden.

  4. Ablösung der Generation der "Großschriftsteller" wie Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt - deutliches Erscheinen einer neuen Schriftstellergeneration
    • (siehe "literarisches Fräuleinwunder")
  5. Besonders groß ist der Kontrast zur Resignation der 70er und 80er Jahre bei den Popliteraten, die sich optimistisch geben
    • wollten die Welt nicht mehr verändern
    • sondern von einer Welt erzählen
    • in der man kaum zur Ruhe kommt, jede Menge Entertainment bzw. Events
    • dazu eine Welt der Sub- und Jugendkulturen mit dem Zwang zum perfekten Styling, immer auf dem Trip, eine Show abziehen zu müssen.
    • "Sommerhaus, später": "Elemente der Pop-Literatur: häufige Nennung von Markennamen; Bezugnahme auf Popmusik; Beschreibung der Langeweile." (http://www.lesekost.de/deutsch/Erz/HHLDERZ01.htm)


Wer einen schnellen Überblick über weitere Angebote von uns bekommen möchte. Hier gibt es eine alphabetische Übersich.
http://www.relevantia.de/register-der-websites
Schauen Sie auch nach auf:
www.schnell-durchblicken.de
www.endlich-durchblick.de

Share by: