Georg Trakl
Der Gewitterabend
O die roten Abendstunden!
Flimmernd schwankt am offenen Fenster
Weinlaub wirr ins Blau gewunden,
Drinnen nisten Angstgespenster.
Staub tanzt im Gestank der Gossen.
Klirrend stößt der Wind in Scheiben.
Einen Zug von wilden Rossen
Blitze grelle Wolken treiben,
Laut zerspringt der Weiherspiegel.
Möwen schrein am Fensterrahmen.
Feuerreiter sprengt vom Hügel
Und zerschellt im Tann zu Flammen.
Kranke kreischen im Spitale.
Bläulich schwirrt der Nacht Gefieder.
Glitzernd braust mit einem Male
Regen auf die Dächer nieder.
Äußere Form:
- Vier Strophen zu jeweils vier Zeilen
- jeweils ein vierhebiger Trochäus
- Kreuzreim
- durchgehend weibliche Versschlüsse
- Insgesamt typisch für viele Gedichte des Expressionismus: Zum Teil wild im Inhalt, aber konventionell in der Form.
Künstlerische Mittel:.
- Ausruf am Anfang, der gefühlsmäßiges Betroffensein, Intensität andeutet
- Andeutungen ("Angstgespenster")
- Personifizierungen des Staubs, des Windes, der Wolken
- Besonders aber des Feuers bzw. der Lichteffekte beim Gewitter, die als "Feuerreiter" verstanden werden, der sein Ende dann im Wald findet
- Auch der Nacht, die wie ein Vogel plötzlich "Gefieder" hat
- Gegensatz zwischen der ansteigenden Spannung und der Entspannung am Schluss